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Volumen statt Schlafzimmer-betr.: "Happy Birthday, Sinead!" (Humanistische Glatze feiert Geburtstag), taz vom 8.12.92

betr.: „Happy Birthday, Sinéad!“ (Humanistische Glatze feiert Geburtstag), taz vom 8.12.92

O'Connor hier, O'Connor da. Ist Euch eigentlich noch nicht aufgefallen, daß diese Frau ihre Popularität nur MTV und permanentem Scheißebauen verdankt? Sie kann sich doch offensichtlich noch nicht einmal die einfachsten Regeln des Showbiz merken: daß ein Politstatement erst überdacht werden muß, daß bestimmte Bereiche des Privatlebens nicht ungestraft jedem Arschloch aufs Tablett geknallt werden können und schließlich, daß eine Show weiterzugehen hat, egal, was passiert.

Insofern gleicht sie im Augenblick der politischen Linken: dauernd quengeln und nichts eigenes produzieren, statt dessen in ein Fettnäpfchen nach dem anderen latschen, um gegen das Vergessenwerden zu kämpfen. Daher wohl auch Eure Seelenverwandtschaft mit dieser leistungsschwachen Popsirene, was nichts anderes aussagt als: schau mal, die da haben's auch schwer.

[...] Sinéad als Symbol der Linken. Zuerst läßt sie Erwartungen hochschnellen, um dann total abzustürzen (ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, daß zirka die Hälfte des Dylan-Konzertpublikums handfeste Katholiken gewesen sein sollen!), greift Kirche und Papst an, nur um mit anzusehen, wie ihre Werke unter die Dampfwalze geraten (eine Meldung von vor drei Wochen, Herr Sotscheck), zeigt Verständnis für den Terror der IRA, um das dann später als Irrtum der Presse darzustellen und sich davon zu distanzieren (eine Meldung von vor zwei Jahren, Herr Sotscheck). Dazu paßt, daß Totgesagte länger leben: nach den paar dusseligen Überreaktionen beteiligt sie sich demnächst an (Musik-)Projekten bezüglich Homosexualität und Nordirlandkonflikt. (Was übrigens nichts mit „Crying Game“ zu tun hat.)

Dabei ist doch alles so einfach: ein einziges gutes Album, und alles ist verziehen und vergessen. Auch ihr letztes Werk. Für die Zukunft hoffe ich, daß sie endlich klar kommt und darauf verzichtet, ihre Stimme weiter ausbleichen zu lassen wie Mickl Jacksons Visage. Volumen braucht die. Volumen und keine fünf Schlafzimmer. W.Redeke, Kassel

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