Vom Parkhaus zum Mekka der Jugendkunst

■ Graffiti-Sprayer verschönern Betonklotz in Mümmelmannsberg / Sozialarbeiter planen Großes mit dem Gebäude

/ Sozialarbeiter planen Großes mit dem Gebäude

Mümmelmannsberg hat einen schicken U-Bahnhof. Die Wände pastell-lila, unterbrochen von Spiegelsäulen, an deren Sockeln kleine graue Häschen aus Gips auf und ab hüpfen. Direkt neben dem Bahnhof hat Mümmelmannsberg ein häßliches Parkhaus. Eine Fehlplanung aus den 70er Jahren: Das Gebäude wird kaum genutzt, den Bewohnern ist es nicht sicher genug.

Seit Samstag sind Hamburgs jugendliche Sprayer dabei, dieser schmutzig-grauen Fassade zu geben, was sie braucht: Farbe. „Moh“ steht an der Wand. Daneben „Zone“. Das Tageswerk von Mark Oliver Heinze und Heiko Zahlmann. Die beiden Künstler sind enttäuscht, daß die Parkhausbeleuchtung nicht angeschaltet ist. „Du mußt umbedingt unsere Namen in die Zeitung bringen“, sagt Mark. Der Artikel komme dann ins Blackbook - dem Heft, in dem der junge Künstler seine Entwürfe sammelt. Inhaltlich geben die Graffities nichts her. Das war eine der Bedingungen der Jury, die entschied, welche 50 Sprüh-Künstler sich hier verewigen dürfen. Dadurch werden die Kids bekannter und Mümmelmannsberg bunter. Ein Geschäft auf Gegenseitigkeit.

Samstag: Es ist dunkel, kalt und naß. Mitte Dezember - kein besonders guter Termin für eine solche Draußen-Aktion mit Würstchen, Punch und Hip-Hop-Musik. Doch der Termin hat haushaltstechnische Gründe. Das Geld für Farbe und Gerüst muß noch in diesem Jahr ausgegeben werden. Und so war Schulsenatorin Rosemarie Raab da und fast die gesamte Hamburger Presse. Barbara Udowerella, eine Sozialarbeiterin, die sich seit drei Jahren im Hohenfelder „Treff e.V.“ um Hamburgs jugendliche Sprayer kümmert, kam von den Mikrophonen nicht mehr los. Ja, Graffities sind schön und gut und legale sind besser als illegale. Nur braucht man leere Flächen dafür. Mit dem HVV klappe die Zusammenarbeit inzwischen ganz gut, mit der S-Bahn überhaupt nicht. Die Bundesbahn überziehe die Sprayer mit Prozessen, lasse sich auf keinen Handel ein, bei dem die Kids ihre geprühten Bilder selbst entfernen.

Barbara Udowerella träumt davon, aus dem Parkhaus ein Jugend- Gesamtkunstwerk zu machen. Bislang gibt es nur die Genehmigung, die mittlere Etage zu besprühen - immerhin eine Fläche von 600 Quadratmetern. Doch mit Jörg Haslbeck vom Mümmelmannsberger Anti-Drogen-Projekt „Laßt 1000 Steine rollen“ entwicklte sie bereits die Vision, das ganze Gebäude

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2anzumalen. Eine Fortbildung für Kunstlehrer ist angedacht. Haslbeck: „Da könnten die Kids denen mal zeigen, wie man Graffities überhaupt macht.“

Das Parkhaus ist schon lange Stadtteilgespräch. Vor zweieinhalb Jahren hatte eine Anwohner-AG

1den Plan entwickelt, im Inneren ein drogenfreies Clean-Center zu errichten - mit Studios, Werkstätten und kleinen Treffs. Ein Mekka der Jugendkunst, bei der Lage - so direkt vor der U-Bahn - keine schlechte Idee. Dann kaufte aber ein schwedischer Konzern den

1Klotz samt Einkaufszentrum, wollte alles abreißen und ein 39stöckiges Hochhaus bauen. Ein Plan, den der Bezirk nicht genehmigte. Seit kurzen gehört das Parkaus wieder seinem alten Besitzer. Für Jörg Haslbeck eine gute Nachricht: Es darf weitergesponnen werden. kaj