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Vietnam-betr.: "Die Kommunisten rücken zusammen", taz vom 3.12.92

betr.: „Die Kommunisten rücken zusammen“, taz vom 3.12.92

Der Kommentar von Michael Sontheimer enthält einen Satz („Die Empörung über deren systematische Verletzungen [gemeint sind die Menschenrechte] in China, aber auch in Vietnam, ist in jedem einzelnen Fall gerechtfertigt.“), der nicht unwidersprochen stehenbleiben kann, besonders, nachdem die Menschenrechte der Vietnamesen hierzulande derzeit durchaus nicht immer gewahrt sind.

Sicherlich war die Politik Vietnams in den ersten zehn Jahren nach dem Krieg gezeichnet von schweren Menschenrechtsverletzungen. Dabei allerdings darf nicht übersehen werden, daß in diesem Land ein langer und grausamer Krieg herrschte, daß Vietnam von der westlichen Welt geächtet war und daß bis zum heutigen Tage das Embargo durch die USA in Kraft ist.

In den vergangenenJahren allerdings ist eine deutliche Lockerung dieses Regimes nicht nur in wirtschaftlicher Hinsicht unübersehbar. Im Jahrbuch 1991 von amnesty international wird dieses Land schon fast nebensächlich abgehandelt, der Spiegel schreibt in der vorletzten Ausgabe von nur noch 20 Boat people in diesem Jahr, von einer problemlosen Rückkehr der ehemaligen Flüchtlinge – sei es als Touristen, sei es als Remigranten. Die verschiedenen Kirchen und Sekten können ihre religiöse Tätigkeit unbehindert ausüben, der Kontakt mit Ausländern ist keinen Behinderungen mehr ausgesetzt.

Sicherlich gibt es noch keine Reisefreiheit in Vietnam. Vor einer Fahrt ist eine Erlaubnis der Behörden einzuholen, die aber meines Wissens problemlos erteilt wird. Die Schlagbäume an den Grenzen zwischen den einzelnen Provinzen sind nicht mehr besetzt, die Polizisten, die ich unterwegs gesehen habe, sind unbewaffnet und sehen ihre Aufgabe vor allem darin, den chaotischen Verkehr ein wenig zu steuern. Durch die Freigabe des Wechselkurses ist der Markt der illegalen Geldtauscher ausgetrocknet, da die Banken in der Regel bessere Wechselkurse anbieten.

Vietnam versucht nach dem abschreckenden Modell in China und dem Zusammenbruch des Ostblocks als eines der letzten sozialistischen Länder, einen Weg weg von der Gewalt und dem Dirigismus der vergangenen Zeit zu gehen. Ich meine, daß dieser Weg eine differenziertere Beobachtung wert ist. Herbert Pietzonka, Oberhausen

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