: Miriam im Märchenland
■ Miriam Vogt und Katrin Gutensohn feierten zum Auftakt der Weltcup-Abfahrt einen Doppelsieg und versetzten ihren Coach Rainer Mutschler ins Märchenland
Vail/USA (dpa) – Eiskalt ist es im amerikanischen Vail, doch einem war ganz orientalisch zumute: „Das ist wie bei 1.001 Nacht“, schwärmte Rainer Mutschler, der neue Chefcoach der deutschen Skifahrerinnen, nach dem hervorragenden Abschneiden seines Teams in der Weltcup-Abfahrt. Denn Miriam Vogt (Starnberg) und Katrin Gutensohn (Oberaudorf) glitschten der Konkurrenz auf und davon.
Um ein Haar hätte auch Katja Seizinger (Halblech) das Siegertreppchen besetzen können: Nur 1/100 Sekunde fehlte ihr hinter Olympiasiegerin Kerrin Lee-Gartner, um den historischen Erfolg von Morzine im Januar zu wiederholen. Damals waren mit Katja Seizinger, Katrin Gutensohn und Michaela Gerg drei deutsche Läuferinnen auf das Podest gerutscht.
Die 25 Jahre alte Miriam Vogt konnte ihre Leistung im Zielraum der WM-Strecke in Colorado lange nicht fassen. Ungläubig schüttelte die Betriebswirtschaftsstudentin, der bisher trotz reihenweiser guter Plazierungen ein großer Erfolg versagt blieb, nach ihrer Siegesfahrt den Kopf. Und beschloß schließlich: „Ich fühle mich toll. Ich habe hart gearbeitet und es endlich geschafft.“
Für ihren Sieg erhält sie über 75.000 Mark Prämien (15.000 Dollar vom Veranstalter und 50.500 Mark vom DSV-Skipool) – eine Entlohnung, die sie selber mit Macht durchgesetzt hatte. Den ganzen Sommer lang hat sie als Aktivensprecherin damit zugebracht, die Prämien mit den Firmen des DSV-Skipools auszuhandeln. Nebenbei fuhr sie bei den Bayerischen Ruder-Meisterschaften mit und machte Examen in Volkswirtschaft.
Gleich nach dem Sieg schnallte sie die Ski wieder an, um sich auf das nächste Rennen vorzubereiten. „Nicht Liegestuhl und Party, sondern Arbeit am Hang“ nennt der liebe Trainer Mutschler das. Die Feier folgte später. Bis dahin hatte sich auch Katja Seizinger wieder von ihrer Wut erholt. Trotz einer angesichts ihrer Verletzungspause erstaunlichen Leistung – erst im November hatte sie sich im Training das Innenband im Knie angerissen – war sie mächtig enttäuscht. „Sie ist wahnsinnig ehrgeizig und ärgert sich“, erzählte der Trainer.
Seine Frauschaft hat sich auf Anhieb in die Favoritenrolle für die WM im Februar katapultiert, auch wenn Mutschler davon noch nichts wissen will. „Was wir haben, kann uns keiner mehr wegnehmen. Aber bis zur WM kann noch so viel passieren.“
Während die alpinen Frauen auf Wolke sieben schweben, wird in Oberwiesenthal indes eifrig geflogen. Am Samstag stürzte sich der Österreicher Werner Haim beim Europacup-Auftakt der Skispringer am gewagtesten in die Tiefe. Mit Flügen von 94 und 92 Meter und der Gesamtpunktzahl von 240,6 verwies Haim seinen Landsmann Christian Rheinthaler (227,2 Punkte/90,5/89 Meter) und den Norweger Frode Hare (221,3/90/88) auf die nächsten Plätze. Bei leichtem Schneefall kam der ehemalige Klingentaler und für den WSV Oberhof startende Gerd Siegmund (207,3/89,5/81) als bester deutscher Flieger auf den sechsten Rang.
Zwischenstand im Gesamt-Weltcup nach fünf Rennen:
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen