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Schikanen auf dem Straßenstrich

■ „Hydra“ beschwert sich bei der Polizei

Tiergarten. Wegen den „an Schikane grenzenden ständigen polizeilichen Kontrollen“ ihrer Kolleginnen haben die Frauen vom Prostituierten-Selbsthilfeprojekt „Hydra“ einen Beschwerdebrief an den Polizeipräsidenten losgeschickt. Dieser hat eine Antwort bereits telefonisch bei „Hydra“ angekündigt. Eingetroffen ist sie dort aber noch nicht.

Konkret geht es um den Straßenstrich im Bezirk Tiergarten. Im Bereich Kurfürstenstraße – Lützowstraße – Einemstraße, so Steffi Klee von „Hydra“, würden die Frauen seit etwa zwei Monaten „teilweise bis zu viermal in der Nacht kontrolliert“. Polizeibeamte notierten sich immer wieder die Namen, obwohl ihnen die Betroffenen längst bekannt seien. Das könne man kaum anders sehen denn als „Schikane“. Rechtswidrigerweise hätten sie schon die Gesundheitsausweise der Frauen verlangt, obwohl das nur das Gesundheitsamt dürfe. Außerdem drohten sie unter Hinweis auf einen angeblich bestehenden Sperrbezirk mit „Platzverweisen“ oder gar mit der Mitnahme auf die Wache inklusive Beugehaft.

„Hydra“ hat den Polizeipräsidenten Hagen Saberschinsky deshalb aufgefordert, seinen Untergebenen vor Ort „klare Anweisungen für ein korrektes, rechtmäßiges und freundliches Verhalten unseren Kolleginnen gegenüber zu erteilen und weiteres Fehlverhalten zu unterbinden“. „Wir hoffen“, so heißt es in dem Brief von Hydra, „daß in dem beschriebenen Verhalten Ihrer Kollegen nicht ein gezieltes Umgehen der Rechtsnormen“ zu sehen sei, sondern „ein Mißverständnis“.

„Hydra“ selbst werde die dort arbeitenden Frauen weiter darüber aufklären, daß die Ausübung der Prostitution in Berlin legal ist, es hier keine Sperrbezirke gibt und ein Platzverbot auch nach den Bestimmungen des „Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetzes“ nicht ausgesprochen werden (ASOG) kann.

Der Hintergrund der Geschichte: Eine Anwohnerinitiative in der Lützowstraße müht sich seit Jahren, die Prostituierten vor ihrer Haustür loszuwerden. Sie benutze dabei immer mehr die Methoden einer „Bürgerwehr“, beschwert sich „Hydra“.

Die Anwohner unternähmen Kontrollgänge mit Walkie-talkies und schrieben Autonummern von Freiern auf. Manchen Frauen sei schon Wasser von Fenstern aus über den Kopf gegossen worden, andere würden bei der Arbeit von Anwohnern verfolgt. Wenn ein Freier im Auto anhalte, dann würden sie zusammen mit der Frau ihren Kopf in das Wagenfenster stecken. Manchmal hätten sie sogar schon nachts die Lützowstraße einfach abgesperrt. usche

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