piwik no script img

„Jetzt stramm die Arschbacken zusammenkneifen“

■ Betriebsversammlung: Klöckner mit dem Rücken zur Wand / Senat: Wir geben keine Mitgift fürs Ausland

„Die Hütte steht immer noch mit dem Rücken zur Wand“, sagte Jobst Wellensieck. Bei der Betriebsversammlung gestern morgen wurde deutlich, daß Klöckner noch lange nicht gerettet ist. Der Vergleichsverwalter Wellensieck bekannte sich zwar vor rund 2.000 Beschäftigten zum Standort Bremen, doch es seien erhebliche Eigenanstrengungen nötig. Im Klartext heißt das: Kapazitäts- und Arbeitsplatzabbau. Daneben habe es ein „schwieriges“ Gespräch im Rathaus gegeben.

Am Montag hatten zwei Vertreter von Klöckner-Stahl und der Vergleichsverwalter mit Klaus Wedemeier, Wirtschaftssenator Jäger und Finanzsenator Kröning konferiert. Am Rande der Betriebsversammlung wurde kolportiert, der Senat sei unter Druck gesetzt worden, das Land solle Bürgschaften für den Konzern übernehmen. In der Senatspressekonferenz wehrten sich die Koalitionäre Wedemeier, Jäger und Fücks heftig gegen diese Gerüchte. Der Senat habe nur zur Kenntnis genommen, was die Herren zu sagen hatten. Jetzt sei die Konzern- Mutter, die Klöckner AG, am Zuge, ein Konzept für die Hütte zu entwerfen. Die Mutter müsse sagen, was sie mit der Tochter vorhabe. Es könne nicht sein, daß der Senat die Mitgift bezahle und die Tochter dann ins Ausland verheiratet werde.

Im Hintergrund steht noch immer drohend der niederländische Hoogoven-Konzern. „Das Konzept ist noch nicht vom Tisch“, sagte der Betriebsratsvorsitzende Peter Sörgel gestern. Wenn es auch dazu nicht kommen muß, Einschnitte sind auch beim Betriebsrat unumstritten. In der Belegschaft geht die Angst vor der Arbeitslosigkeit um. Doch bis es zu endgültigen Entscheidungen kommt, wird noch einige Zeit verstreichen: Frühestens in zwei bis drei Monaten wird das Verfahren eröffnet. Der Vorstand kündigte gestern lediglich Aktionen an, die bestenfalls symbolisch zur Deckung der Zahlungslücken beitragen: Die „Gästezone“, die Kantine auf der Führungsebene, wird geschlossen und die Subventionen für die Werksbusse sollen zusammengestrichen werden. Das große Problem ist die Liquiditätssicherung, und dafür sind solche Schritte zu klein. Um die zu erreichen, muß hochdiszipliniert weitergearbeitet werden, oder, so ein Klöckneraner: „Jetzt heißt es: stramm die Arschbacken zusammenkneifen.“ J.G.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen