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„Es gibt keine Denkverbote bei der Behörde“

■ Interview mit Hansjörg Geiger, Direktor des Beauftragten für die Stasi-Unterlagen

Ausdrücklich fügte Richter Bernd Preis seiner Urteilsbegründung im Fink-Prozeß Kritik an der sogenannten Gauck-Behörde an. Am Mittwoch war der ehemalige Rektor der Humboldt-Universität, Heinrich Fink, im Berufungsprozeß um seine fristlose Kündigung unterlegen (die taz berichtete). Er sei wissentlich der IM „Heiner“ gewesen, urteilte das Berliner Landesarbeitsgericht. Fink behauptet weiterhin, dies nicht gewußt zu haben, sondern von dritten Personen „abgeschöpft“ worden zu sein. Die taz sprach mit Hansjörg Geiger, Direktor der Gauck-Behörde.

taz: Wie schätzen Sie den Ausgang des Fink-Prozesses ein?

Hansjörg Geiger: Ich freue mich, daß das Gericht den Beweiswert der Unterlagen als nicht völlig gering angesehen hat. Ehemalige Offiziere des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) hatten ja alle möglichen Geschichten erzählt, um Zweifel an der Arbeit des MfS und an den dabei entstandenen Unterlagen zu säen.

Es gab ziemlich heftige Kritik des Richters an Ihrer Behörde. Zum einen geht es darum, daß die Gauck-Behörde stets gesagt hat, es gebe keinen irregulären IM, „Abschöpfung“ sei nicht möglich.

So apodiktisch ist das von uns nie gesagt worden. Wir haben ja nicht gesagt „generell“, sondern „im Regelfall“ hat das MfS, wenn es einen IM geführt hat, Unterlagen, die es von diesem IM bekommen hat, diesem auch zugeschrieben. Und wenn ein anderer IM Unterlagen gebracht hat, weil der jemanden abgeschöpft hat, dann sind die Unterlagen der Person zugeschrieben worden, die nun tatsächlich dem MfS berichtet hat. Das ist der Regelfall. Aber sehen Sie, das Gericht hat das letzten Endes in den wichtigen Dingen genauso bewertet.

Herr Preis hat wortwörtlich gesagt, er habe den Eindruck gehabt, daß von Ihrer Behörde ein Denktabu ausgehe.

Es gibt keine Denkverbote bei der Behörde, wir versuchen uns intensiv in die Arbeitsweise des MfS selbst einzudenken und einzuarbeiten. Wir haben Hunderte, wenn nicht Tausende von Richtlinien und Befehlen gefunden, und wir haben inzwischen Zehntausende von Akten intensiv ausgewertet. Wir geben den Eindruck wieder, den wir finden.

Weiterer Kritikpunkt des Richters an der Gauck-Behörde war, daß dem Wissenschaftssenator in bestimmten Prozeßsituationen weitere Unterlagen geliefert worden seien – offenbar auf Anfrage.

Erstens: Jeder unserer Bescheide steht ja unter dem Vorbehalt, daß es weitere Erkenntnisse geben kann. Im Fall Fink haben wir nur Sekundär- und Tertiärmaterial gefunden. Die eigentliche Akte ist ja vernichtet worden. Da unser Material – und auch das sagen wir immer wieder – zu einem großen Teil unerschlossen war, ist es ganz zwangsläufig, daß weitere Erkenntnisse deutlich werden. Im Fall Fink ist das einfach auch dadurch aufgetreten, daß wir viele Anfragen aus dem kirchlichen Bereich hatten und daher sehr viel mit Kirchenakten zu tun hatten. Aber ich möchte dem widersprechen, daß wir irgendeinen Versuch gemacht haben ...

... ganz konkret zum Fall Fink: Es ist wenige Tage vor Beginn des Berufungsprozesses wieder Material eingegangen. Gab es da eine Anfrage vom Wissenschaftssenator, oder gab es keine?

Das kann ich jetzt nicht sagen. Da mag es durchaus immer wieder Anfragen gegeben haben, ob noch weiteres Material gefunden worden ist. Das weiß ich jetzt nicht. Wir haben 1,6 Millionen Verfahren, deswegen kann ich mich auch selbst nicht um jedes Detail kümmern. Wir haben immer wieder Materialien gefunden und haben immer wieder Materialien nachgeliefert, das ist ein völlig normaler Vorgang. Interview: Christian Füller

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