■ Tour d'Europe
: Arbeits-Los

Die Arbeitslosenquoten sind, wie ja auch Berge oder Löhne, in den EG-Ländern verschieden hoch. Die niedrigste Rate weist Luxemburg mit nur 1,7 Prozent auf. Europas Spitzenreiter im Verteilen miesbezahlter Zwangsfreizeit hingegen sind Spanien und Irland mit 16,1 beziehungsweise 22,0 Prozent Arbeitslosigkeit.

Irlands Regierung tritt der bedrückend hohen Arbeitslosigkeit übrigens derzeit mit viel Phantasie entgegen: So werden alle BürgerInnen über 55 Jahren neuerdings nicht als „Arbeitslose“, sondern als „Vorruheständler“ betrachtet, TeilnehmerInnen von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (immerhin rund 20.000 bis 30.000 pro Jahr) tauchen in der Statistik ebenfalls nicht auf, bei arbeitslosen Ehepaaren kommt nur eine(r) in die Zahlen. Gerne schenkt Irlands Regierung auch schlüsselfertige Fabriken an ausländische Unternehmen (oder verkauft diese zu Spottpreisen) und sichert den Firmen zehn Jahre Steuerfreiheit zu. Das Ergebnis: Im Durchschnitt schaffen die derart begünstigten Betriebe einen Bruchteil der erhofften Arbeitsplätze und verschwinden nach Ablauf der Steuerfreiheit in die Heimat.

In den übrigen Mitgliedsstaaten liegt die offizielle Arbeitslosenquote zwischen 4,5 und 10 Prozent, so die Zahlen des Statistischen Amts der Europäischen Gemeinschaft (Eurostat) für das Jahr 1990. Der genauere Blick fördert allerdings erhebliche Unterschiede innerhalb der Länder zutage. So sind vor allem die Randregionen der Gemeinschaft betroffen: Schottland und Nordirland, Andalusien und Extremadura im Süden Spaniens sowie die Kanarischen Inseln, der chronisch arme Süden Italiens, die Nordregionen Frankreichs und der Südosten Belgiens sowie bekanntermaßen der östliche Teil Deutschlands.

Hier Foto Nr. 7

Foto: Peter Homann

Neben den starken regionalen Unterschieden trifft die Arbeitslosigkeit auch Frauen und Männer verschieden. Zeigen die Statistiken hier zwar nicht das ganze Ausmaß, da viele „Hausfrauen“ nicht als Arbeitslose erfaßt werden, so sprechen die Zahlen dennoch eine deutliche Sprache. EG-weit lag 1990 die Arbeitslosenquote für Frauen bei 11,11 Prozent, die der Männer dagegen nur bei 6,5 Prozent. Den traurigen Rekord hält Spanien, wo jeder zehnte Mann, aber fast jede vierte Frau arbeitslos ist. In allen Mitgliedsstaaten (außer Irland und Großbritannien) sind mehr als die Hälfte der Arbeitslosen Frauen. In Portugal, Belgien und Griechenland machen sie sogar 60 Prozent und mehr der Erwerbslosen aus.

Auch Jugendliche unter 25 Jahren sind in stärkerem Maße von Arbeitslosigkeit betroffen als die Erwerbsbevölkerung gesamt. 1990 lag im EG-Durchschnitt die Arbeitslosenquote der unter 25jährigen Männer bei 14 Prozent, die der Frauen sogar bei 18,4 Prozent.S.B.