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Trübe Aussichten für Solidarpakt

■ Auch nach Verhandlungen zwischen Kohl und Engholm steht der Inhalt des Solidarpakts weiter in den Sternen. SPD will Kürzungen im Sozialbereich verhindern.

Trübe Aussichten für Solidarpakt

Klotzen auf der neugefundenen Linie, empfahl SPD-Chef Björn Engholm nach dem zweiten Solidarpakt-Gespräch. Die neugefundene Linie, die die Sozialdemokraten vom Gespräch im Kanzleramt mitbrachten, war zwar so neu nicht mehr. Aber immerhin: die verbliebenen 350 bis 400 großen und mittleren Treuhandbetriebe, die noch nicht privatisiert sind, sollen nun bei weitgehenden Beschäftigungssicherungen saniert werden, um einen minimalen industriellen Kern in den neuen Ländern zu erhalten.

Eine ähnliche Absprache war nach dem Gespräch zwischen Kanzler und Gewerkschaften bereits Anfang der Woche bekannt geworden. Engholm registrierte zufrieden, daß „eine unserer zentralen Forderungen zur Industriepolitik inzwischen von der Bundesregierung übernommen“ worden sei. „Jenseits aller marktwirtschaftlichen Orientierung“, so der Ratschlag von Engholm, müßten ohne weitere Entlassungen die Betriebe saniert werden, denn die Untergrenze des industriellen Besatzes sei längst erreicht.

Das war es dann aber auch schon. Über die gute Absicht, bei den verbliebenen Treuhandbetrieben der Privatisierung nicht mehr um jeden Preis Vorrang zu geben, kam das Gespräch nicht hinaus. Übereinkünfte bei der Finanzierung des Aufbaus im Osten, über „Kürzungen, Streichungen, Streckungen“ (Engholm) bei den Haushalten von Bund und Ländern, über Steuerhöhungen gibt es auch nach diesem Treffen nicht. Für die SPD sind sie nur denkbar, wenn es eine „deutliche soziale Komponente gibt“. Im Kanzleramt und vor der Presse wiederholte Engholm, „daß wir jedwede sichtbare soziale Komponente vermissen“. Ein neues Treffen sei überhaupt nur dann sinnvoll, wenn die Runde der Finanzminister aus Bund und Ländern die Grundlagen dafür schaffe, also ein halbwegs abgestimmtes Sparkonzept für alle öffentlichen Haushalte vorläge.

Während Engholm in dieser Hinsicht wenig Zuversicht verströmte, terminierte Bundeskanzler Helmut Kohl den Abschluß der Verhandlungen über den Solidarpakt auf Ende Januar. Nach dem Gespräch mit den Sozialdemokraten verbreitete sich der Kanzler eher beiläufig über das Projekt Solidarpakt, das er ursprünglich schon zu Weihnachten fertig haben wollte. Man sei „weit gekommen“ mit Wirtschaften und Gewerkschaften. Diese Gespräche seien zwar noch im Gang, das aber „in bester Atmosphäre“. Mit den Gewerkschaften sind „wir sehr weit gekommen“: die „industriellen Kerne“ sollen erhalten bleiben. Zum Gespräch mit der SPD: man sei übereingekommen, daß die Gespräche der Finanzexperten „mit äußerster Dringlichkeit“ zu führen seien. Über die für 1995 angekündigten Steuererhöhungen solle schon „bald im neuen Jahr“ beschlossen werden. Der Kanzler zu den Forderungen der CDU-regierten Länder Sachsen und Sachsen- Anhalt an den Nachtragshaushalt 1993, die fünf bis acht Milliarden Mark zusätzliche Mittel für den Aufbau Ost verlangen: „Das ist nichts Neues, daß solche Forderungen erhoben werden.“ Tissy Bruns, Bonn

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