Wer lügt — Hackmann oder dpa?

Der Vater des im Mölln ermordeten Mädchens stellt  ■ Strafanzeige wegen des Polizeieinsatzes am Flughafen

Faruk Arslan, der Vater des vor drei Wochen in Mölln ermordeten Mädchens, will Strafanzeige gegen die Hamburger Polizei stellen. „Was ich am Flughafen erlebt habe, das war die Hölle“, sagte der erst kürzlich aus der Türkei zurückgekehrte Arslan gestern im Volkshaus der Türkei. „Wer bist du denn“, habe ein Beamter ihn gefragt. Und ihm dann mit dem Knüppel in die Rippen geschlagen, als er sich für die Auflösung der Polizeisperre einsetzen wollte.

Wie berichtet, hatten im Anschluß an die Trauerfeier für die Möllner Opfer rund 600 türkische Demonstranten die Angehörigen zum Flughafen begleitet. Die Charterhalle war von einem massiven Polizeiaufgebot abgesperrt. Es kam zum Schlagstockeinsatz, in dessen Verlauf mehrere Menschen schwer verletzt und zwei Personen verhaftet wurden. „Wir sind kein Volk, dem man am Flughafen Polizei mitschicken sollte“, sagte Arslan gestern. Man habe es ihm nicht erlaubt, mit seinen Freunden zu trauern. Das Volkshaus der Türkei kündigte gestern auch eine Feststellungsklage vor dem Hamburger Verwaltungsgericht an. Mit der soll geklärt werden, daß der Polizeieinsatz insgesamt rechtswidrig war. Auf Antrag der GAL wird sich am 12.Januar auch der Innenausschuß der Bürgerschaft mit den Vorfällen befassen.

Faruk Arslans Erfahrungen mit dem deutschen Staat besserten sich auch nach seiner Rückkehr aus der Türkei nicht. Kurz nach seiner Ankunft sei seine Wohnung nach Waffen durchsucht worden. Er wohnt mit elf Personen auf 60 Quadratmetern. Die Bundesregierung hat ihr Versprechen nicht eingelöst, für angemessenen Ersatzwohnraum zu sorgen. Weil er aus Mölln weg will, sucht Arslan jetzt in Hamburg eine Wohnung.

Unterdessen scheint sich der Hamburger Senat ncht sonderlich zu bemühen, die Vorfälle am Flughafen aufzuklären. Man habe nicht feststellen können, „ob Herr Arslan durch den Schlagstockeinsatz betroffen ist“, antwortete der Senat auf eine Anfrage der GAL. Peinlich: Der betreffende Polizist hat sich bereits bei Arslan schriftlich entschuldigt.

Auch mit anderen Informationen nimmt man es nicht so genau. So verbreitete die Deutsche Presseagentur (dpa) noch am Abend des 27. November, daß „nach Angaben von Innensenator Werner Hackmann“ die Demonstranten zu den linksgerichteten türkischen Gruppierungen PKK und DEV-SOL gehörten und das Ziel gehabt hätten, den Abtransport der Särge mit den drei Opfern von Mölln zu verhindern.

1Eine Falschmeldung. Zu der Demo am Flughafen hatte eine Initiative von türkischen Selbständigen, Schülern und Studenten aufgerufen, die mit der PKK nichts zu tun hat. Wer in der Türkei öffentlich als PKK-Mitglied bekannt ist, ist vom Tode bedroht. Trotzdem

1wurde die dpa-Meldung unwidersprochen verbreitet — auch in der Zeitung Hüriet mit dem Bild eines der Verhafteten. Im Volkshaus der Türkei gingen bereits Morddrohungen ein. Erst nachdem die Gewerkschaft ÖTV Anfang dieser Woche von Hackmann eine öffentliche Ent-

1schuldigung forderte, sagte dieser gegenüber dem Hamburger Abendblatt: „Ich habe nie behauptet, daß es sich bei den Demonstranten um Angehörige der PKK und DEV-SOL gehandelt habe.“ Pikant an der Sache: dpa bleibt bei ihrer Darstellung. Kaija Kutter