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Die Bibel hat doch recht

■ Appell gegen Fremdenhaß ziert seit Tagen die Basilika von Weingarten

Weingarten (taz) – „Die Mönche müssen aber gut klettern können“, meint eine junge Frau mit Kind ironisch und blickt nach oben. Oben, das ist in diesem Fall die altehrwürdige Basilika von Weingarten bei Ravensburg. Dort hängt nämlich weithin sichtbar ein zehn Meter langes und drei Meter hohes Transparent: „Verflucht, wer das Recht der Fremden beugt. 5. Moses 27,19“.

Unten, rund zwanzig Meter tiefer, diskutieren Passanten. Vielen geht es wie der jungen Frau. Sie glauben, es handle sich um eine Aktion gegen Fremdenfeindlichkeit, organisiert von der Kirchengemeinde oder den Mönchen von Weingarten. „Es wurde ja auch höchste Zeit, daß die Kirche mal ein Zeichen setzt“, kommentiert eine alte Dame den Bibelspruch.

Doch auch wenn's die Kirchenmänner in Weingarten gelassen nehmen – sie können sich ja auch schlecht gegen das Wort Gottes stellen –, das Transparent ist nicht von ihnen. Am Morgen des letzten Montag war es plötzlich da. Und bei denen, die wissen, daß es keine Aktion der Kirche ist, wird seither gerätselt, wer da wohl dahintersteckt. Ob es etwas damit zu tun hat, daß zu gleicher Zeit an der Hochschule ein „Tag der Menschenrechte“ veranstaltet wurde? Ein Anrufer berichtet über den Zweck der Aktion: „Man wollte wohl, daß die konservative Bürgerschaft, die sich immer so christlich gibt, etwas nachdenkt.“

Sie denkt nach, die Bürgerschaft. Und es denkt auch das zuständige staatliche Hochbauamt nach. Vor allem darüber, wie man das nicht genehmigte Bibelzitat wieder entfernen könnte. Auch wenn im Hochbauamt, ähnlich wie in der Kirchengemeinde, zu hören ist, inhaltlich gebe es ja nichts dagegen zu sagen, verlangt doch die schwäbische Ordentlichkeit, daß man „eine Basilika nicht einfach als Litfaßsäule mißbraucht“. So kam es, daß die Feuerwehr anrückte – mit einem großen Leiterwagen. Pech für die Floriansjünger, daß das große Feuerwehrauto nicht durch den Kloster-Torbogen paßt.

Jetzt hoffen die Verantwortlichen im staatlichen Hochbauamt, daß die waghalsigen Demonstranten die Bibelworte ebenso still wieder entfernen, wie sie diese aufgehängt haben. Aber damit sei so bald nicht zu rechnen, sagte der bereits zitierte Anrufer. Klaus Wittmann

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