: Staatsgerichts-Urteil gegen „Genossenfilz“
■ Staatsgerichtshof stellte Klar: Die Landesverfassung gilt. Stellen müssen öffentlich ausgeschrieben werden
Stellen im öffentlichen Dienst müssen allen Staatsbürgern zugänglich sein, so steht es in der bremischen Landesverfassung im Artikel 128. In einer Grundsatzentscheidung erinnerte der bremische Staatsgeruichtshof den Sent gestern daran, daß dies wörtlich zu nehmen sei und die Verfassung zudem rechtlich verbindlich sei.
Nach der Rechtsauffassung des bremischen Senats war es in Zeiten absoluter SPD-Macht durchaus denkbar gewesen, daß in den Sommerferien eine Hochschullehrerstelle im „Beiblatt zum Amtsblatt der Freien Hansestadt Bremen“ ausgeschrieben wird. Der Fall, der auch Ausgangspunkt des Staatsgerichtshof-Verfahrens war, ging als „Lieber Detlef“ in die Filz-Geschichte der Bremer SPD und ihres großen Finanzsenators Claus Grobecker ein.
Der Anwalt des Senats, Schottelius, hatte in der mündlichen Verhandlung vor Gericht sogar vorgetragen, daß der Artikel 128 der Landesverfassung nicht unmittelbar geltendes Recht sei, da dieser Paragraf nicht bei den Grundrechten stehe. Dem Staatsrat des Justizsenators war dies bei der Verkündung der Staatsgerichtshof-Entscheidung sichtlich unangenehm: Das stehe nicht in dem Schriftsatz des Senats, betonte er.
Natürlich, so belehrte das oberste Bremer Gericht den Rechtsvertreter des Senats, ist ein Artikel der Verfassung geltendes Recht. Außerdem sei in der Verfassung in Artikel 11 die Freiheit der Wissenschaft und Lehre garantiert, schon aus diesem Grunde müßten Hochschullehrerstellen öffentlich ausgeschrieben werden.
Der rechtliche Streit war auch
karikatur
darum gegangen, was es bedeutet, daß Artikel 128 der Landesverfassung auch den „Leistungsgrundsatz“ vorschreibt. Die „Ausgestaltung dieses Grundsatzes sowie die Bestimmung der für die Auslese geeigneten Mittel“ überlasse die Verfassung dem Gesetzgeber, hatte der Senat vorgetragen.
In der schlechteren Wirklichkeit und in dem dem ganzen Ge
richtsverfahren zugrundeliegenden Fall war es darum gegangen, daß der ausscheidende SPD-Abgeordnete Griesche vom dem damals amtierenden Finanzsenator Claus Grobecker schriftlich einen Versorgungspopsten an der Hochschule für öffentliche Verwaltung versprochen bekommen hatte. Als ob schon die Ausschreibung der Hochschullehrerstelle im internen Amtsblatt eine Großzügigkeit wäre, argumentierte der Senat in seinem Schriftsatz an das Gericht: „Die Ausschreibung von Stellen ist nur eines der für die Auslese geeigneten Mittelm, jedoch nicht das Einzige; sie kann siogar überflüssig sein.“
In dem Fall Griesche wäre die Auschreibung in der Tat überflüssig gewesen: Die Berufungskommission der Hochschule, bei deren Sitzungen immer ein Beamter des Grobecker-Ressorts zuzugegen war, hatte auf ihre „Liste“ nur einen Namen gesetzt: den des Grobecker- Kandidaten Griesche. Daß eine andere Bewerberin, die zufällig von der Stelle Wind bekommen hatte, gar nicht erst ernsthaft angehört worden war, hatte dem Senat schon vor dem Verwaltungsgericht eine blamable Schlappe eingebracht.
Das Leistungsprinzip sei nur dann gewährleistet, wenn es eine öffentliche Ausschreibung gebe, fügte nun der Staatsgerichtshof hinzu. Einschränkungen von diesem Grundrecht stünden nicht im Belieben des Senats: Die seien nur dann zulässig, wenn sie „sachlich“ begründbar seien — etwa bei Laufbahnposten oder wenn der „relevante Arbeitsmarkt“ auch anders von der Stelle Kenntnis erhalte — und wenn und dies in einem Gesetz geregelt sei. K.W.
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