■ Kommentar: Spuren für das Kapital
Die festgefahrene Diskussion in der Verkehrspolitik bekommt neuen Auftrieb. Nach der dramatischen Meldung über die massive Luftverschmutzung durch den Autoverkehr vom Jahresanfang ist es jetzt der erwartete Bauboom, der verdeutlicht, daß Auto- und Lastwagenfahrer nicht länger auf Berlins Straßen herumstehen sollten. Die Baumaterialien für die Konzentration von Geld am Potsdamer Platz und von Macht am Spreebogen sollen soweit wie möglich mit Bahn und Schiff transportiert werden – nicht mit Lastwagen. Das Kapital kann eben rechnen. Weil Zeit Geld ist, scheidet die Straße als Transportweg aus. Aber: In den nächsten drei Jahren soll in Berlin etwa das Zehnfache der Fläche der Bürotürme des Zentralen Bereichs in den Himmel wachsen. Viele dieser Baustellen haben in ihrem Rücken kein Gleisdreieck für die Bahn und keine Spree für das Schiff. Es bleibt als (Aus-)Weg nur die Straße.
Ökologen müssen dem erwarteten Bauboom aus Gründen des Umweltschutzes skeptisch bis ablehnend gegenüberstehen. Die Folgen des Neubaus von etwa 150 Europacenters können aber sozusagen nur als ein spätes Geschenk von Karl Marx betrachtet werden. Hand in Hand werden Bürgerinitiativen und Banken die Autos von der Straße fegen – die ersteren wegen der Lebensqualität in dieser Stadt, die letzteren aus Verwertungsinteresse. Mit der Busspur auf dem Ku'damm hat diese ungewöhnliche Koalition aus Profit und Opposition nur nach dem kleinen Finger gegriffen. Die Straßenbahn in der Friedrichstraße ist der nächste Schritt unter der neuen Parole: Spuren für das Kapital. Es dauert nicht lange – dann spuren auch Senat und Regierungskoalition. Dirk Wildt
Siehe Interview auf Seite 23
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