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■ SerbInnen wählten kommunistisch-faschistische KoalitionPanić ist gescheitert – was jetzt?

Wenn nach dem Wahlergebnis der Serboamerikaner Milan Panić sich überlegt, ob er auch als Ministerpräsident Rest-Jugoslawiens zurücktreten soll, dann bedeutet dieser Vorgang das Eingeständnis des Scheiterns. Der Sieg Milošević' und, noch bedeutsamer, der ungeheuer große Zuspruch für die serbischen Rechtsradikalen, der „Faschisten“, wie Oppositionsführer Vuk Drašković dies formuliert, verbaut für die nächste Zeit jede Hoffnung auf einen Durchbruch der demokratischen Kräfte in Serbien und Rest-Jugoslawien. Es mag gerade für die Belgrader Intelligenzija bitter sein, erneut mit den Realitäten konfrontiert zu werden. Zwar herrscht in der Hauptstadt immer noch ein relativ liberaler Geist, doch gleichzeitig sind die Spuren des Krieges, die Verwilderung des Denkens, die Ausbreitung des Hasses in den Stimmen für den Kriegsverbrecher Šešelj und – noch bemerkenswerter – für den Berufskriminellen Arkan, dessen Partei künftig mit fünf Sitzen im serbischen Parlament vertreten sein wird, abzulesen.

Die serbische Bevölkerung ist offensichtlich nicht mehr in der Lage, das Land mit dem „eigenen Schopf“ aus dem Sumpf zu ziehen. Kollektivschuldthesen wären freilich ungeeignet, eine militärische Intervention zu begründen, solche Betrachtungsweisen können nur Racheexzessen der Gegenseite in der Zukunft Vorschub leisten. Tatsache bleibt jedoch, daß die Argumente gegen eine „militärische Intervention für die Menschenrechte“ in Bosnien mit dem Ausgang der Wahlen geschwächt worden sind. Mit der Weiterführung der expansionistischen Politik sind weitere serbische Kriegsverbrechen wahrscheinlich. Es darf im Interesse aller nicht zugelassen werden, daß die rechtsradikale Politik der „ethnischen Säuberungen“ weitergeführt werden kann. Die serbische Politik zeigt Nationalisten in anderen Ländern, daß der rechte Radikalismus politisch eine Chance hat, weil sich die westlichen Demokratien (noch) nicht auf die Verteidigung prinzipieller demokratischer Werte einigen können.

Dabei drängt die Zeit. Angesichts der sich abzeichnenden Entwicklungen in Rußland, das ja ebenfalls in eine kommunistisch-nationalistische Koalition hineinzuschliddern droht, ist auf die Gefahr einer neuen Ost-West-Konfrontation hinzuweisen, kein Hirngespinst mehr. Die russischen Konservativen haben aus ihrer Sympathie für Milošević kein Hehl gemacht. Selbst Jelzin laviert und könnte sogar einem Veto gegen eine Intervention in Bosnien im Sicherheitsrat der UN das Wort reden. Um der Hoffnung der serbischen Führung zu begegnen, bald mit offener Rückendeckung aus Moskau rechnen zu können, müssen endlich gemeinsame Entscheidungen Europas und der USA fallen und umgesetzt werden. Erich Rathfelder

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