„Totenglöckchen“ für den Regierungstunnel

■ Bundesverkehrsminister lehnt finanzielle Beteiligung am Tiergartentunnel ab/ Spitzengespräch Kohl/Diepgen

Berlin. Zum Weihnachtsfest bereitete Bundesverkehrsminister Günter Krause (CDU) seinem Berliner Amtskollegen eine schöne Bescherung. Mit Schreiben vom 15. Dezember erhielt Verkehrssenator Herwig Haase (CDU) die Nachricht aus Bonn, daß er lediglich entsprechend der Quote des Landes Berlins im Rahmen des Gemeindeverkehrswegefinanzierungsgesetzes Gelder aus Bonn zu erwarten habe, „darüber hinaus wird sich der Bund an Kosten nicht beteiligen“. Mit diesen knappen Sätzen beschied Krause abschlägig über die Bitte Haases um eine Beteiligung an den Kosten des Tiergartentunnels.

Der Bundesverkehrsminister teilte zugleich mit, daß sich der Bund auch nicht an der vom Senat geplanten Projektgesellschaft für die Tunnelbauten beteiligen werde. Diese privatrechtlich organisierte Gesellschaft war Anfang August vom Senat beschlossen worden, um die Baumaßnahmen durchzuführen. Seinerzeit hatte die Landesregierung eine Bundesbeteiligung begrüßt, schon um die Kosten von 2 Milliarden Mark für Straßen-, U- und S-Bahn-Tunnel nicht alleine tragen zu müssen. Mit seinem Weihnachtsbrief erteilte Krause diesen Wünschen eine klare Absage. Er regte lediglich an, daß er und Bundesfinanzminister Theo Waigel in den Aufsichtsrat der Gesellschaft gehen.

Wie Krauses Sprecherin Christine Kramer gestern gegenüber der taz bestätigte, gebe es nun „keine Mittel und Wege im Rahmen der uns zur Verfügung stehenden Programme“, um sich an den Tunnelbauvorhaben zu beteiligen. Damit zerstörte sie auch Berliner Hoffnungen, daß über das Bundesfernstraßengesetz noch Gelder fließen könnten. Krause legte Haase nahe, seine Geldwünsche nun Waigel vorzutragen, so könne er die Kosten wenigstens zum Teil im Rahmen der Hauptstadtplanung abdecken. Allerdings schätzt man das Vorhaben als „wenig aussichtsreich“ ein.

Bundessenator Peter Radunski (CDU) scheint sich bereits in das Unvermeidliche gefügt zu haben. Er erklärte am Montag, Berlin wäre „im äußersten Notfall“ bereit, die Kosten von 700 bis 900 Millionen Mark selbst zu übernehmen. Auch in Haases Hause geht man schon seit längerem davon aus, daß Berlin, wie es Parlamentsreferent Karl Hennig ausdrückt, „in den sauren Apfel beißen muß“. Doch soviel Opferbereitschaft ist man weder im Senat noch in den Regierungsfraktionen bereit zu teilen. Senatssprecher Eduard Heußen erklärte gestern, es sei nach wie vor Verhandlungsposition des Senats, „daß Bonn zusätzliche Mittel für den Tunnel aufwenden muß“. Auch der verkehrspolitische Sprecher der CDU- Fraktion, Rainer Giesel, empfahl, „daß Berlin nicht so tun solle, als hätte es zuviel Geld“. Seine Kollegin von der SPD, Käthe Zillbach, steckt bereits die Dead-line für das Projekt ab: „Wenn Bonn nicht zahlt, gibt es keinen Tunnel.“

Ihre Hoffnung setzen die Berliner Tunnelbefürworter nun auf ein Spitzengespräch zwischen Kohl und Diepgen, bei dem die Infrastruktur des Zentralen Bereichs Thema sein soll. Bündnis 90/Grüne hören bereits das Totenglöckchen für den Tunnel läuten. Spätestens jetzt, so der Abgeordnete Hartwig Berger, müsse der Senat erkennen, daß das Projekt ein verkehrspolitischer Irrweg ist. Dieter Rulff