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Chinesische Umsiedlungspläne in „Ostturkestan“

■ Die Ansiedlung von Han-Chinesen soll die Bevölkerungsstruktur verändern

Hongkong (IPS) – Unter der nichtchinesischen Bevölkerung des Uigurischen Autonomen Gebiets Xinjiang im Nordwesten Chinas gärt es. Die Unzufriedenheit mit der Zentralregierung in Peking ist nach Meinung von Exilpolitikern und Beobachtern so groß, daß Unruhen nicht mehr ausgeschlossen werden können. Ursache ist die Anfang Dezember bekanntgegebene Absicht der Regierung, rund eine halbe Million Han-Chinesen – sie sprechen die chinesische Hochsprache – in Xinjiang anzusiedeln.

In diesem dünnbesiedelten Grenzgebiet zu den zentralasiatischen Republiken der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) hat es mehrmals separatistische Bestrebungen gegeben. Seit Jahren propagieren radikale Mitglieder der turkstämmigen moslemischen Uiguren, die mit 40 Prozent der knapp 14 Millionen Menschen zählenden Bevölkerung Xinjiangs die stärkste ethnische Gruppe stellen, die Ausrufung eines unabhängigen Staates Ostturkestan. Eine Ostturkestanische Republik existierte 1944/45 für kurze Zeit.

Der im Regierungsorgan China Daily veröffentlichte Umsiedlungsplan würde den Anteil der Han-Chinesen in Xinjiang weiter ansteigen lassen. Diese sind bereits jetzt mit ebenfalls rund 40 Prozent zweitstärkste Bevölkerungsgruppe in der autonomen Provinz.

Zum Zeitpunkt der Machtübernahme der Kommunisten im Jahr 1949 lebten in Xinjiang nur 300.000 Han-Chinesen. Der Bevölkerungsanteil der Uiguren betrug damals 75 Prozent. Innerhalb von vierzig Jahren ist er durch planmäßige Ansiedlung von Menschen aus dem dichtbesiedelten Süden und Südosten Chinas auf fast die Hälfte gesunken. Der jüngste Regierungsplan wird offiziell mit großangelegten Staudammprojekten am Jangtsekiang-Fluß begründet. In Siedlungen entlang des Stromes lebende Han-Chinesen müssen den Stauseen weichen. Sie sollen rund um die Stadt Kaschgar in Xinjiang eine neue Heimat finden.

„Diese Nachrichten haben die Leute in Aufregung versetzt“, erklärte der prominente uigurische Exilpolitiker Erkin Alptekin. „Sie wissen nicht, was sie tun sollen. Ein Aufstand sei möglich.“

Ähnlich äußerte sich Robert Barnett vom Londoner „Informationsnetzwerk über Chinas Minderheiten“. Für zahlreiche Uiguren im Exil ist nach Angaben Barnetts die Sorge Pekings über die stärker werdende Unabhängigkeitsbewegung in Xinjiang die wahre Erklärung für die Umsiedlungsaktion.

Die Unabhängigkeitsbewegung hatte vom Zerfall der UdSSR durch die Zusammenarbeit mit den neuen unabhängigen zentralasiatischen Republiken profitiert. Das Turkvolk der Uiguren verbindet mit den Kasachen, Kirgisen und Tadschiken jenseits über der Grenze kulturell und sprachlich mehr als mit dem Mehrheitsvolk der Han-Chinesen.

Ausländische Besucher der Autonomen Region sprechen von einer deutlich sichtbaren Spannung zwischen den Uiguren und den Han-Chinesen. „Die beiden Gruppen vermischen sich nicht miteinander. Die Verachtung für den jeweils anderen wird offen gezeigt“, erklärte ein westlicher Diplomat in Peking, der erst vor kurzem aus Xinjiang zurückgekehrt war. Auch er zeigte sich überzeugt davon, daß der letzte Woche verkündete Plan die ethnischen Spannungen weiter anheizen werde.

Offiziell ist in Xinjiang alles eitel Wonne. Die autonome Provinz sei politisch stabil und von der neuen Unabhängigkeit der zentralasiatischen Republiken völlig unberührt geblieben, so der Vizesekretär der Kommunistischen Partei in Xinjiang, Tomur Dawamat, im Oktober auf dem 14. Parteikongreß der chinesischen KP in Peking.

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