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Knockout für Milan Panić

■ Mißtrauensantrag gegen Premier Rest-Jugoslawiens im dritten Anlauf erfolgreich/ „Jugoslawischer“ Präsident hält Militärintervention für wahrscheinlich

Sarajevo (dpa/AP/taz) – Auch sein letzter Appell nützte Milan Panić wenig: Nachdem der „jugoslawische“ Ministerpräsident noch am Montag die Serben vor einer weiteren Isolierung ihres Landes gewarnt hatte, setzte die Sozialistische Partei des serbischen Präsidenten Slobodan Milošević einen Mißtrauensantrag gegen den verhaßten US-Serben auf die Tagesordnung des Belgrader Parlamentes.

Während der Versuch, Panić zu stürzen, in den vergangenen Monaten bereits zweimal an den Abgeordneten Montenegros gescheitert war, stimmten nach der ersten Kammer des Parlaments nun auch 30 der 36 anwesenden Abgeordneten des „Rates der Republiken“ für die Absetzung des Regierungschefs.

Gleich im Anschluß an die mit viel Beifall bedachte Bekanntgabe des Abstimmungsergebnisses trat das Parlament zu Beratungen über den Nachfolger des erst vor fünf Monaten gewählten Panić zusammen.

Deutliche Warnungen hatte jedoch nicht nur Panić, sondern auch der „jugoslawische“ Präsident ausgesprochen. Bei seiner Rückkehr aus Genf, wo er an den „Friedensgesprächen“ der UNO teilgenommen hatte, stellte Dobrica Ćosić fest, daß er eine militärische Intervention für „sehr wahrscheinlich“ halte. Die Gespräche mit UN-Generalsekretär Ghali seien „sehr schwierig“ gewesen, nach Ansicht seines Beraters stand Ghali „unter Druck“.

In Sarajevo war der Sprecher der UN-Truppen bemüht zu erklären, warum die Blauhelme wiederholt bosnische Flüchtlinge am Verlassen der Stadt gehindert hatten: „Aufgabe der UN-Truppen ist es, den Flughafen für Hilfslieferungen freizuhalten. Die Vereinten Nationen würden ihr Mandat überschreiten, wenn sie den Einwohnern die Flucht über den UNO- Korridor gestatteten.“ Allein in der Nacht zum vergangenen Montag waren 450 Menschen aufgehalten worden, die im Schutz der Dunkelheit versucht hatten, aus der umkämpften Stadt zu fliehen.

Verhindert werden solle außerdem, daß Menschen Lebensmittel über den Flughafen in die Stadt schmuggelten, um diese dort teuer zu verkaufen. Derzeit sollen rund 70 Prozent der Lebensmittellieferungen – besonders von Truppen aller Kriegsparteien – „abgezweigt“ werden.

In Sarajevo wurde am Dienstag vor allem im Stadtzentrum gekämpft, aus UN-Kreisen war zu hören, daß sich die Kroaten und Muslime weiterhin auf eine Großoffensive vorbereiten. Ab dem 2. Januar wollen sie mit etwa 20.000 Soldaten versuchen, den serbischen Belagerungsring um Sarajevo zu durchbrechen.

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