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Lob der Stille

Bei Tengelmann am Dobben hängt im Schaufenster ein Brief von Möllemann. Unter dem amtlichen Briefkopf findet sich eine Empfehlung, nur noch die besonders gut geratenen Tengelmann- Doppelkekse zu kaufen. In der Kulturbehörde wird um der Rettung des Bremer Theaters willen über Kurzarbeit nachgedacht. Eine Umfrage unter prominenten BremerInnen ergab, daß Bürgermeister Wedemeier zu Weihnachten von seinem Herzblatt ein marineblaues Einstecktüchlein, Senator Scherf hingegen von seiner Nichte einen reflektierenden Kleppermantel bekommen hat.

In den Tagen und Nächten zwischen Weihnachten und Neujahr gibt es nichts überflüssigeres als eine Zeitung. Ohnehin geht es mir so wie diesem Produzenten eines sündhaft teuren Männergeruchs, der uns jeden Abend im Fernsehn fragt: Haben Sie eigentlich nichts besseres zu tun als Werbung zu gucken? Resp. Zeitung zu lesen? Denken Sie an Küsse auf bislang ungeküßte Körperteile Ihres Partners oder Ihrer Hetäre.

Meine Traum-LeserIn liest in diesen Tagen weniger denn je. Vielmehr tasten sich zitternde Füße auf knisterndes Eis, wollene Winterjacken werden der Weser vorgestellt, daheim wird mit der Laubsäge das Nest verschönert. Und abends heißt es Brettspiele, Brettspiele, Brettspiele. Über diesen Tagen und Nächten liegt nämlich ein Geheimnis, und der ist gut beraten, der sich Zeit zum Träumen nimmt. Denn jeder, jeder! Traum wird wahr, der uns in den zwölf Tagen um Neujahr anfliegt.

Mich träumte gestern, eine Ärztin habe mich untersucht und festgestellt, ich sei „wie Honig“, und alle Menschen würden mich darum lieben. Seien Sie ehrlich: Würden Sie einen solchen Traum gegen die Meldung tauschen, daß eine Waller Initiative „Brot statt Böller“ seit Tagen brennende Brote aus dem Fenster wirft?!

Burkhard Straßmann

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