■ Mit Grenzwerten auf du und du: Recht auf Autoabgase
Berlin (taz) – Vor allem das Auto verpestet die Luft in den Ballungsgebieten. Bundesumweltminister Klaus Töpfer (CDU) will deshalb seit mehr als einem Jahr „Alarmwerte“ für die krebserregenden Stoffe Benzol und Dieselruß verabschieden lassen. Die Verkehrsbehörden vor Ort sollen damit die Möglichkeit erhalten, bei allzu giftiger Luft den Autoverkehr in einzelnen Straßen oder kompletten Stadtteilen zu verbieten oder einzuschränken. Doch Bundesverkehrsminister Günther Krause (CDU) tritt bei dem Vorhaben auf die Bremse. Zwar hatte Töpfer die von Experten empfohlenen „Eingreifwerte“ vorauseilend zum Teil bis um das Fünffache erhöht. Doch das genügt dem Bundesverkehrsminister nicht. Krause wollte zunächst 1.600mal mehr krebserregendes Benzol in der Luft gestatten als sein Kollege Töpfer. Begründung des Autonarrs: An Arbeitsplätzen sei soviel Gift erlaubt. Krause vergaß allerdings, daß die betroffenen Arbeitnehmer regelmäßig medizinisch überwacht werden müssen.
Weil Krause die Millionen Einwohner bundesdeutscher Ballungszentren aber doch nicht regelmäßig zum Arzt schicken will, zog er inzwischen seinen ersten Grenzwert-Vorschlag zurück. Die Blockadepolitik allerdings bleibt. Blockiert wird nunmehr ohne Öffentlichkeit. Auf welche Werte der Grenzwertgegner hinaus will, will sein Ministerium bis zur entscheidenden Kabinettssitzung auch nicht mehr preisgeben. Das Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit werde nach der Kabinettsentscheidung noch früh genug befriedigt, erklärte Krause-Sprecher Gert-Jürgen Scholz. Völlig unklar ist, wann die nun sein soll. Ohne einheitliche Position wird das Bonner Kabinett jedenfalls keine Werte festlegen. Die Städter ersticken am Autoverkehr. Dieser Verkehr ist in Bonn aber allemal wichtiger als das Recht auf frische Luft. Dirk Wildt
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