Somalia-Friedenskonferenz beginnt in Äthiopien

■ Anti-UNO-Demonstration in Mogadischu/ „Nieder mit Butros Ghali“

Mogadischu (AFP/wps/taz) – Mehrere hundert somalische Demonstranten haben gestern UNO- Generalsekretär Butros Ghali zu seinem Besuch in Mogadischu einen wütenden Empfang bereitet. Pünktlich zu seinem Eintreffen in der somalischen Hauptstadt belagerte die Menge das Gebäude der UNO-Mission und warf Steine auf das Gebäude. Wie ein AFP-Korrespondent beobachtete, kletterten sie über die das Gelände umgebende Mauer und holten die UN- Fahne herunter, um sie durch die somalische Flagge zu ersetzen. Die pakistanischen Blauhelme auf dem Gelände waren so überrascht, daß sie nicht eingriffen. „Nieder mit Butros Ghali“ und „Somalia den Somaliern“ skandierten die Demonstranten und hielten Transparente mit Aufschriften wie „Der Freund von Siad Barre hat kein Recht, über unsere Zukunft zu entscheiden“.

Bei den Demonstranten handelte es sich um Anhänger von General Farah Aidid, der einen Großteil der Hauptstadt und Teile des somalischen Südens kontrolliert. Aidid hatte zwar die US-Militärintervention in Somalia akzeptiert, lehnt eine UNO-Rolle bei der Neuordnung Somalias aber ab.

Butros Ghali war aus Äthiopien nach Mogadischu geflogen, um letzte Vorbereitungen für eine UNO-Friedenskonferenz über Somalia zu treffen, die heute in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba beginnen soll. Es handelt sich um die größte derartige Zusammenkunft seit der gescheiterten Versöhnungskonferenz in Dschibuti vom Juni 1991. Der UNO geht es darum, Wege zur Etablierung eines neuen somalischen Staates zu finden, ohne irgendeine der somalischen Kriegsfraktionen außen vor zu lassen. Alle politischen Organisationen Somalias, mit Ausnahme des als „Somaliland“ abgespaltenen Nordens, wollen an der Konferenz teilnehmen – als letzter sagte auch General Aidid am Samstag seine Teilnahme zu. Als Ergebnis der Konferenz schwebt der UNO eine Vereinbarung vor, die die Bildung einer Art Übergangsverwaltung für Somalia ermöglichen könnte.

Wie schwierig es sein kann, Sorgen einzelner somalischer Gruppen vor einer Vernachlässigung durch UNO und USA zu vermeiden, zeigten die Kämpfe der vergangenen Tage in Mogadischu, die erst am Samstag nach Vermittlung des US-Sonderbeauftragten Robert Oakley abflauten. Bei den Gefechten standen sich zwei Subclans gegenüber: die Murusade und die Habr-Gedir. Letztere hatten in vergangenen Monaten öfters traditionelle Wohngegenden der Murusade unter ihre Kontrolle gebracht. Als die US-Interventionstruppe in Mogadischu den Rückzug der in der Hauptstadt agierenden Milizen in Lager ausgehandelt hatte, warteten die Murusade, bis die Milizen der Habr-Gedir sich zurückgezogen hatten, und gingen dann selbst zum Angriff mit schweren Waffen über. Nun haben beide Gruppen auf Veranlassung der USA ein gemeinsames Komitee gebildet, um die jeweiligen Gebiets- und Geldansprüche zu klären. Ein direktes militärisches Eingreifen in die Kämpfe hatten die USA verworfen, da ihre Truppen nicht selbst gefährdet waren.

Die Kriegshandlungen in Mogadischu überschatteten weitgehend den Besuch des US-Präsidenten George Bush zum Jahreswechsel. Stunden nach Bushs Abreise Richtung Moskau am Samstag wurde in der südlichen Hafenstadt Kismaju, die von US-Truppen besetzt ist, Sean Devereaux, leitender Mitarbeiter des UNO-Kinderhilfswerks Unicef, erschossen. Er wurde vor seinem Büro von einer Kugel in den Kopf getroffen.