piwik no script img

Warme Weichen und heiße Geschäfte

■ Väterchen Frost und die klirrenden Folgen: Fensterputzer machen Heimarbeit

Am Fenster sind Eisblumen, die Autotüren frieren zu, Eisschollen treiben auf der Wümme. Alles ist anders als sonst, selbst die Straßenbahnen quietschen bei eiskaltem Wetter lauter als gewohnt. Bewahren Sie einen kühlen Kopf, mit einem kleinen Döschen Enteiser kommen Sie in vielen Fällen weiter als Sie glauben - rät die freundliche Frau vom Schlüsseldienst.

Auch wer verreisen möchte, braucht die Pläne nicht aufs Eis zu legen. Die Bundesbahn gibt sich gut gerüstet. Das eine oder andere Signal könne schon mal einfrieren, räumt Herr Kopker von der Pressestelle ein, das liege in der Natur der Dinge. Trotzdem sind Sie sicher: Weiterfahren ist nur mit schriftlicher Genehmigung per Zugbahnfunk erlaubt. Bleiben Sie bei außerplanmäßigen Stops also ruhig sitzen!

Außerplanmäßiges bestimmt den Fähr-Verkehr auf der Elbe, „rien ne va plus“. Die Weserfähren tuckern noch, denn was für die Elbe gilt, gilt für die Weser noch lange nicht: Seit Kriegsende wurde der Verkehr erst zweimal eingestellt, erzählt Walter Niekamp vom Fährdienst Vegesack-Lemwerder.

Auch die Straßenbahn bleibt zuverlässig im Dienst. Und sie bietet einen ganz besonderen Service: Wenn Sie kalte Füße haben — ab auf die Schienen. Die Weichen werden beheizt. Obacht nur, wenn der Zug kommt. Dennoch steht die BSAG nicht über den Dingen: in Erwartung von Schnee wurde die Bereitschaft verstärkt.

Fensterputzer haben das Schlimmste schon hinter sich: Bis vier Grad minus mußten sie wischen und wienern. Spiritus macht's möglich. Bei minus zehn Grad helfen selbst die besten Mittelchen nichts mehr. Was bleibt: Eisschlieren über Eisschlieren — oder zu Hause bleiben!

Rosige Zeiten meldet die Schlittschuhbranche. Der Umsatz boomt. 500 Paare gehen pro Tag im Kaufhaus über den Tresen. Nur für die Übergrößen bestehen noch gute Chancen, ein Paar zu ergattern. Für die übrigen Größen verspricht Herr Kreis von Karstadt in den nächsten Tagen Nachschub. „Aber viel Auswahl gibt es natürlich auch dann nicht!“

Schlaue Menschen lassen deshalb die alten Eisen aufmöbeln. Zwar liegen bei den Schleifern die Regale voll, aber aussichtslos ist die Lage nicht. Mit der Stimmung steht es trotzdem nicht nur zum besten: Die Saison verschärft die Konkurrenz. Glaubt man dem Altmeister der Schleifer, Justus Herbst, bringen die ambulanten Schleifer an der Wümme schon fast das Gewerbe in Verruf. Denn auf den echten Steinschliff kommt es an! Und den gibt es nicht am Schleifer-Karren. „Aber so sind die Leute: Alles soll sofort gehen!"

Viele würden gerne sofort gehen, wenn sie nur wüßten, wohin? Wo ist das Eis am schönsten, größten, glattesten? Nicht überall sind die Blocklandwiesen so prächtig geflutet wie im letzten Jahr. Und auf den kleinen Teichen im Bürgerpark braucht man nur hinzufallen, schon ist man am anderen Ende! Aber: haben sie schon die Wiesen hinter dem Schönebecker Schloß ausprobiert? ede

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen