piwik no script img

Losentscheid für PDS

■ In Weißensee droht eine Neuwahl des Bezirksamtes, nachdem das Verfassungsgericht die PDS-Position stärkte

Berlin. Die Besetzung der Berliner Bezirksämter droht zu einer unendlichen Geschichte zu geraten. Es ist gerade mal zwei Monate her, daß die Wahl aller Stadträte vermeldet wurde, da kündigen sich neue Streitigkeiten an, diesmal in Weißensee. Die dortige PDS erwägt, Anspruch auf den siebenten Stadtratsposten zu erheben, der bereits seit geraumer Zeit von der SPD besetzt wird, und sieht sich in diesem Begehren durch eine Entscheidung des Berliner Verfassungsgerichts bestätigt.

Der Streit war bereits kurz nach den Bezirkswahlen im Mai ausgebrochen. Bei der Nominierung der Stadträte nach dem d'Hondtschen Höchstzahlverfahren stellte sich, da die SPD doppelt soviel Verordnete stellt wie die PDS, ein Patt zwischen beiden Parteien heraus. Die PDS wollte seinerzeit das Los entscheiden lassen, doch die SPD setzte sich mit ihrer Position durch, zur Entscheidung die Zahl der bei der BVV-Wahl abgegebenen Stimmen zugrunde zu legen. Das brachte ihr den erforderlichen Vorteil, um vier von sieben Stadtratsposten zu besetzen.

Am 19. Oktober entschied der Berliner Verfassungsgerichtshof über eine Verfassungsbeschwerde der Wilmersdorfer CDU, die in einem ähnlich gelagerten Fall ebenfalls den kürzeren gezogen hatte. Die Richterinnen und Richter kritisierten seinerzeit das Vorgehen, da es zwangsläufig dazu führe, „daß die Mehrheit der BVV unter mehreren denkbaren Verfahren dasjenige wählt, daß ihr von seinem Ergebnis her am günstigsten erscheint“. Sie sahen dadurch die verfassungsrechtlich gebotene Chancengleichheit tangiert. Um diese zu wahren, sei die Anwendung des Losverfahrens zwingend geboten.

Durch diesen Richterspruch sind die Weißenseer Bezirksverordneten nicht automatisch gezwungen, die eigene Bezirksamtswahl zu revidieren, denn auch dort gilt der Grundsatz: Wo kein Kläger ist, ist auch kein Richter. Bislang besteht mehrheitlich auch keine Neigung, das Personalkarussel erneut in Gang zu setzen. Nach Einschätzung des Bezirksamtssprechers Ulf Herrmann „würden die Leute nur den Kopf schütteln“, sollte nochmals die Besetzung der Stadtratsposten geändert werden. Auch bei der PDS ist man bei dem Gedanken an die mit einer Neuwahl einhergehende zeitweise Arbeitsunfähigkeit des Bezirksamtes nicht gerade glücklich. Doch will man sich andererseits sein Recht nicht so ohne weiteres nehmen lassen, zumal man bereits auf die Besetzung des Postens des stellvertretenden Bürgermeisters zugunsten des Bündnis 90 verzichtet hat. Die Fraktion will nun dieser Tage endgültig darüber entscheiden, ob sie die aussichtsreiche Klage einreichen will. Dr

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen