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Somalia-Konferenz beginnt im Chaos

■ Äthiopische Polizei schießt auf Demonstranten/ Viele leere Stühle umgeben einen kompromißlosen General Aidid/ US-Truppenabzug aus Somalia bis April?

Addis Abeba (dpa/AFP/taz) – Zum Beginn der UNO-Friedenskonferenz für Somalia in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba mußten die Vereinten Nationen gestern erkennen, daß die Krise am Horn von Afrika viele Facetten hat: die äthiopische Armee schoß in eine Menge demonstrierender Studenten, die gegen die Loslösung Eritreas von Äthiopien protestierten und zum Konferenzgebäude marschieren wollten. Das vor anderthalb Jahren befreite Eritrea will im April ein Unabhängigkeitsreferendum abhalten – ausgerechnet unter Berufung auf frühere UNO-Resolutionen forderten die Studenten nun, dieses zu verhindern. Mindestens fünf von ihnen wurden getötet; die Straße war, so Augenzeugen, von Verwundeten übersät. Der taz wurde berichtet, die Opfer seien allesamt Angehörige des einstigen Herrschaftsvolkes der Amharen. Studenten aus dem jetzt regierenden Tigre-Volk seien mit Fähnchen zur Identifizierung ausgestattet gewesen, damit das aus der Tigre-Volksbefreiungsfront hervorgegangene Militär nicht auf sie schießt.

Auch im Konferenzsaal ging es hoch her. Nach den Eröffnungsreden des äthiopischen Präsidenten Meles Zenawi und des UNO-Generalsekretärs Butros Ghali, die beide eine historische Chance beschworen, kam es zum Streit: der mächtigste somalische Kriegsherr, General Farah Aidid, meinte, eine Reihe der anwesenden Gruppierungen seien bedeutungslos und hätten kein Recht, an der Konferenz teilzunehmen. Ein „Niemandsland“ leerer Stühle umgab den General, der auf diese Weise auf sicherer Distanz zum selbsterklärten somalischen Interimspräsidenten Ali Mahdi blieb.

Von den vierzehn eingeladenen Gruppierungen, die ihre Teilnahme zuvor alle zugesagt hatten, boykottierten vier die Eröffnung der Veranstaltung – weil andere Fraktionen nicht eingeladen worden seien. Zu den Boykotteuren gehörte auch die „Somali National Front“, die vor allem Anhänger des gestürzten Präsidenten Siad Barre vereinigt. Gar nicht angereist waren Vertreter der abgespaltenen nordsomalischen „Republik Somaliland“.

US-Truppen wollen raus

Der US-Oberbefehlshaber in Somalia, General Johnston, hat angekündigt, die französischen und US- Truppen in Somalia würden ab dem 20. Januar innerhalb von 60 bis 90 Tagen abgezogen. Sie sollten durch eine neue UNO-Truppe, hauptsächlich aus Muslimen und Afrikanern, ersetzt werden. Der UNO-Sicherheitsrat will nach französischen Angaben in den nächsten Tagen darüber beraten. D.J.

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