piwik no script img

Besser, man wäre beizeiten wach geworden

■ betr.: "Deutsche Drückeberger" (Spitzenpolitiker fordern UN-Intervention in Bosnien), taz vom 14.12.92

betr.: „Deutsche Drückeberger“ (Spitzenpolitiker fordern UN-Intervention in Bosnien),

taz vom 14.12.92

50 Jahre nach Stalingrad wollen einige Politiker schon wieder deutsche Soldaten gegen ausdrückliche Warnungen hoher Militärs in einen sinnlosen und verlustreichen Kampf werfen. Auch wenn die Motive der Spranger, Geißler, Verheugen diesmal plausibel, ja sogar humanitär erscheinen, ein Militäreinsatz von Nato oder WEU in Bosnien wird das Leid der Bevölkerung eher verschlimmern.

Was taten jene eigentlich, die uns heute auf dem Balkan einen Befriedungskrieg empfehlen, als vor Monaten nach einer noch konsequenteren Embargopolitik gegen Serbien gerufen wurde? Solange in Deutschland noch Asylbewerberheime brennen und jüdische Friedhöfe geschändet werden, gäbe es für die Bundeswehr im eigenen deutschen Haus noch reichlich friedens- und lebenssichernde Präventionsaufgaben, nicht zuletzt im polizeilich schwachen Osten. Doch hierfür initiativ zu werden, dürfte wohl dem Selbstbild unserer Politiker zuwiderlaufen, die lieber Gefahren verharmlosen als ihr politisches Scheitern einzugestehen. So gilt hier wie angesichts des Balkanelends die alte Regel: zu spät Aufstehen erzeugt kopflose Panik; besser, man wäre beizeiten wach geworden. Paul Nellen, Hamburg

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen