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Öffnung zum islamischen Markt

Die fünf zentralasiatischen Republiken der GUS bilden eine „Mittelasiatische Union“/ Rivalität zwischen Iran und Türkei/ Sieg der Kommunisten in Duschanbe ermöglichte Annäherung  ■ Von Ahmad Taheri

Der ehemalige sowjetische Staatschef Michail Gorbatschow hat unlängst seinen letzten Regierungsakt, die Bildung der GUS, als einen Fehler bezeichnet. Sie sei ein künstliches Gebilde ohne Substanz und mithin ohne Zukunft. Am 21.Dezember 1991 hatten elf Republiken – alle außer den baltischen Staaten und das von einem Aufstand erschütterte Georgien – die GUS gegründet, womit das Ende der UdSSR besiegelt war.

Was nicht zusammengehört, kann nicht zusammenwachsen: Der Zusammenhalt zwischen den europäischen und asiatischen Teilen des russischen und später sowjetischen Reiches war stets nur mit brachialer Gewalt möglich. Denn zwischen Moskau und Taschkent lagen schon immer Welten – historisch, kulturell und ethnisch.

Seit dem Zerfall der Sowjetunion ist ihr „mittelasiatischer Hängebauch“, wie die fünf muslimischen Republiken im Südosten des Reiches genannt wurden, in den Mittelpunkt der internationalen Interessen geraten. Zwei Jahre lang hatten die fünf mittelasiatischen Staaten Kasachstan, Usbekistan, Kirgisien, Turkmenistan und Tadschikistan Zeit gehabt, aus dem Schatten des großen Bruders im Norden herauszutreten. War bis dato der Zugang zur Welt für die muslimischen Republiken, wenn überhaupt, dann nur über Moskau möglich, so öffnete sich ihnen nun die Welt von Süden her. Achthundert Kilometer Grenze zwischen Turkmenistan und dem Iran wurden zum Tor zur islamischen Ökumene, mit der die Usbeken, Tadschiken oder Turkmenen historisch und kulturell weit enger verbunden gewesen waren als mit „Russia“, die sie stets als Kolonialmacht empfunden hatten.

Während der Westen sich vor allem auf das Risiko unkontrollierter Exporte von Nuklearmaterial und atomaren Know-how aus der mittelasiatischen Steppe, namentlich der kaschischen, konzentrierte, entbrannte eine Rivalität zwischen muslimischen Ländern, vor allem zwischen dem schiitischen Gottesstaat Iran und der säkularen Türkei, um Einflußnahme auf die muslimischen Überreste des Erbes Lenins.

Selbstbewußt, ja mit einer gewissen Schlitzohrigkeit, nutzten die mittelasiatischen Machthaber das steigende Interesse ihrer muslimischen Nachbarländer. Aßen der turkmenische Staatschef Safar Nfazow, der usbekische Staatspräsident Islam Karimow oder der kasachische Großkhan Naserbajow in Ankara türkischen Kebab, so speisten sie spätestens vier Wochen später mit Ali Akbar Rafsandschani in Teheran ein persisches Reisgericht und kehrten mit Koffern voller Verträge und vielleicht heimlichen Abmachungen über Waffenverkäufe nach Hause zurück.

In Teheran bildete das iranische Außenministerium die tadschikischen Diplomaten aus, auf daß sie sich auf dem internationalen Parkett bewegen könnten. Um die turkmenischen Botschaftsaspiranten kümmerte sich im Gegenzug Ankara. Flug- und Eisenbahnlinien wurden zwischen den Hauptstädten des „Hängebauchs“ und den Metropolen des Orients geplant und teilweise in Angriff genommen. Entlang der iranisch- turkmenischen Grenze entstand ein freier Markt, bei dem sich auch andere Moslemrepubliken des einstigen Sowjetreichs beteiligen. Die turkmenische Stadt Ischkabad ist inzwischen zum Sündenbabel für die iranischen Touristen geworden. Wie einst in Beirut die Bürger aus den Golfstaaten, dürfen die Untertanen der Ayatollahs ohne Angst vor Sittenwächtern sich an Wodka oder weiblichen Reizen ergötzen. Und zu guter Letzt traten die fünf Republiken der vom Iran, der Türkei und Pakistan vor einigen Jahren als islamisches Pendant zur EG gegründeten Organisation zur wirtschaftlichen Zusammenarbeit bei, was ihnen den Warenaustausch in der ganzen islamischen Welt ermöglicht.

Über die islamische Welt zum freien Markt gelangt, brauchen die einstigen Stiefkinder des Kremls das fremde Mütterchen Rußland nicht mehr. Hinzu kommt, daß das Chaos in Rußland und die Ungewißheit, wer nun im Kreml künftig das Sagen haben würde, sowie das wirtschaftliche Desaster in der russischen Föderation den asiatischen Verbündeten Sorgen bereitet. Denn im Vergleich zu Moskau, sieht man einmal von den tadschikischen Verhältnissen ab, strotzt es in den muslimischen Republiken geradezu vor politischer Stabilität.

Der verkündete Abfall von der GUS und die Bildung einer „Mittelasiatischen Union“ zu diesem Zeitpunkt hat auch eine andere Bewandtnis. Die gestürzte tadschikische Regierung, eine Koalition von nationalistischen, muslimischen und demokratischen Kräften, wäre mit großer Wahrscheinlichkeit einer Union, die zu vier Fünfteln aus Turkvölkern bestünde, nicht beigetreten. Die Angst vor dem Panturkismus, einem türkischen Großreich, sitzt den national gesinnten Tadschiken tief in den Knochen. Tadschikistan ist das einzige Land in Mittelasien, das nicht türkischer, sondern iranischer Herkunft ist.

Mit dem Sieg der Kommunisten in Duschanbe ist die politische Führung in allen fünf mittelasiatischen Staaten einigermaßen einheitlich geworden. Ob aus der verkündeten Union jedoch etwas wird, ist mehr als fraglich. Würden diese Republiken einmal über ihre nationalen Armeen verfügen, dann würde jeder gegen die anderen Gebietsansprüche anmelden. Die Schatten des Grenzziehers Stalin wird man nicht so leicht los.

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