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Die Pest über Bord

■ Der am Dienstag südlich der Shetlandinseln auf Grund gelaufene Öltanker "Braer" hat bereits die Hälfte seiner tödlichen Fracht verloren. Sturm und schwere See haben bislang alle Bemühungen, das Wrack zu bergen...

Fortdauernd schlechtes Wetter und schwere See haben auch am Donnerstag alle Bemühungen zunichte gemacht, Öl aus dem Tanker „Braer“ zu pumpen, der am Dienstag an der Südspitze der Shetlandinseln auf Grund gelaufen ist und seither Öl verliert. Inzwischen ist aus dem Tanker nach Angaben der britischen Behörden bereits etwa die Hälfte der 85.000 Tonnen leichten Rohöls geflossen. Von der Ölpest – der Teppich bedeckt inzwischen eine Fläche von 18 Quadratkilometern – sind Zehntausende von Seevögeln, seltene Sattelrobben, Wale, Delphine und Lachse bedroht. Auch Schafe, neben Lachsfarmen eine weitere Haupterwerbsquelle der Inselbevölkerung, sind in Gefahr, wenn sie ölverschmutztes Gras fressen. Bereits am Mittwoch wurden 126 ölverschmierte Vögel an Land geschwemmt, für die jede Hilfe zu spät kam. Auch verendete Fische und Robben wurden entdeckt.

Nach einer kurzfristigen Wetterberuhigung am Mittwoch verdammten der erneut auflebende Sturm mit Windgeschwindigkeiten bis zu 140 Kilometern in der Stunde und haushohe Brecher die aus ganz Europa angereisten Rettungsmannschaften am Donnerstag wieder zur Untätigkeit. Das Wetteramt im schottischen Aberdeen rechnet nicht vor heute mit einer Wetterbesserung. Während der kurzen Beruhigungsphase am Mittwoch ließ die Inselverwaltung Sperren legen, mit denen verhindert werden soll, daß die Öllachen Brut- und Niststätten der Vögel erreichen.

Zwei Schlepper der niederländischen Bergungsfirma Smit Tak befinden sich bereits in der Nähe der Unglücksstelle, ein drittes Bergungsschiff wurde im Laufe des Donnerstags erwartet. Der Kapitän des Bergungsschleppers „Star Sirius“, der am Dienstag früh zuerst bei dem Havaristen eingetroffen war und vergeblich versucht hatte, diesen von der Küste fortzuschleppen, erhob indessen Vorwürfe gegen die Schiffsführung der „Braer“. Das Unglück hätte verhindert werden können, wenn die Mannschaft das manövrierunfähig in der tosenden See treibende Schiff nicht aufgegeben hätte, sagte Kapitän David Theobald am Mittwoch dem Fernsehsender BBC. Demgegenüber verteidigten Sprecher der Küstenwache und der Präsident der Eignerfirma Bergvall and Hudner (USA) ihre Entscheidung von Dienstag morgen, die 34 Seeleute von Bord zu holen. Dies sei nötig gewesen, um Menschenleben zu retten.

David Moreby, Dozent für Schiffsführung an der Universität von Plymouth, sagte zu dem Hergang des Unglücks, möglicherweise habe der griechische Kapitän der „Braer“ gezögert, einen Bergungsschlepper zu Hilfe zu rufen, weil er an die immensen Kosten gedacht habe, die er damit den Eignern aufbürde. Doch sollte ein Kapitän ungeachtet der Kosten alles Notwendige veranlassen, um eine Kollision oder ein Auflaufen des Schiffes und eine damit verbundene Umweltverschmutzung zu verhindern. AP

Siehe auch Reportage Seite 11

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