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Wenn's knallt, hat ein Tanker keinen Hafen

■ Eine liberianische Flagge sagt nur wenig über die Eigentumsverhältnisse aus

Niemand weiß so ganz genau, wem der ölkotzende Katastrophentanker vor der Küste Shetlands eigentlich gehört, aber das ist bei den heute auf den Weltmeeren schippernden Tankern normal. Die 241 Meter lange, 17 Jahre alte „Braer“ ist nur das typische Beispiel für die verschachtelten, Verantwortung verschleiernden Verhältnisse auf den internationalen Schiffahrtsmärkten. Formal gehört der Tanker einer eigenen Firma, der Braer Corporation. Diese Briefkastenfirma hat ihren Sitz auf den Bermudas. Die Braer Corporation wiederum hat das Schiff an eine andere Gesellschaft auf den Bermudas ausgeliehen, die zwei Firmen in New York mit der Bereederung, also Vermietung des Unglückskahns beauftragt hat.

Hinter dieser Schachtelkonstruktion stehen der in London lebende norwegische Reeder Arvid Bergvall und sein US-Partner Michael Hudner. Die beiden Reeder mit einer Flotte von 45 Tankern und anderen Schiffen gelten in den USA geradezu als Pioniere für das Zusammenbasteln solch komplizierter „Syndikate“. Bergvall zum Beispiel hält nach eigenen Angaben ein Drittel der Aktien der Braer Corporation, will aber trotzdem keine Verantwortung für den Betrieb des Tankers tragen.

Die „Braer“ hatte vor dem Unfall im norwegischen Mongstad Öl für die US-Firma Ultramar Corporation geladen. Die Beladung wurde unterbrochen, weil es einen Maschinenschaden gab. Ob der Schaden ordnungsgemäß behoben wurde und ob er etwas mit der Katastrophe zu tun hat, ist unklar. Ultramar wollte das Öl zu seiner Raffinerie St. Romald in Kanada transportieren lassen.

Das Unglücksschiff segelte unter liberianischer Flagge. Das sagt nichts über die Eigentumsverhältnisse, aber viel über die Vorschriften und Arbeitsverhältnisse an Bord aus. Der Kapitän Alexandros Guelis war Grieche, der Erste Ingenieur Ulthie Rodan stammt aus Polen, die Besatzung weitgehend von den Philippinen. Nun ist eine liberianische Flagge für einen solchen Tanker nicht weiter ungewöhnlich; 20 Prozent der 3.100 Tanker auf den Weltmeeren fahren unter dieser Flagge. Das Schiffahrtsregister des afrikanischen Staates wird allerdings in Reston bei Washington (USA) geführt, schließlich gehören die meisten „liberianischen“ Tanker US-Firmen.

Für die ökologischen Schäden kommt zunächst einmal ein internationaler Fonds bis zur Höhe von 80 Millionen Dollar auf. Sollten die Schäden diese Summe überschreiten – was wahrscheinlich ist – so müßte versucht werden, die Haftpflicht der Tankereigentümer zu belangen. Die liegt bei der norwegischen Versicherung Skuld: Für den im japanischen Nagasaki gebauten Tanker selbst sind 19 Millionen Dollar (knapp 30 Millionen Mark) Versicherungssumme festgelegt, für mögliche ökologische Schäden durch die Öllast bis zu 500 Millionen Dollar. Dafür aber muß den Eigentümern und der Besatzung grob fahrlässiges Verhalten nachgewiesen werden. Will der britische Staat die Kosten für die Aufräumarbeiten von der Firma zurückholen, führt ihn der juristische Weg direkt in den Dschungel von Beteiligungen zwischen zahlreichen Gesellschaften in London, Liberia, den Bermudas und Stamford in Connecticut. Gelingt dies nicht, sind die britischen Behörden angeschmiert. Hermann-Josef Tenhagen

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