Muß man Kröten schlucken?

■ Plenum der Roten Flora beschloß, sich kompromißbereit zu zeigen

beschloß, sich kompromißbereit zu zeigen

Wieviele Kompromisse kann man eingehen, ohne daß die Rote Flora ihr jetziges Gesicht verliert? Eine Frage, die am Donnerstag abend etwa 50 NutzerInnen zur Plenumssitzung in das eiskalte, weil unbeheizbare Stadtteilzentrum am Schulterblatt trieb. Immerhin geht es ums Ganze: Stadtentwicklungssenatorin Traute Müller stellte den Flora-BetreiberInnen ein Ultimatum: Bis zum Wochenende wollte sie erfahren, ob die FloristInnen Teile des Gebäues für ein Kindertagesheim räumen werden.

Ganz mochten viele der DiskutantInnen nicht wahrhaben, daß ihnen die Pistole auf die Brust gesetzt wurde. Die „Friß oder stirb“- Vorgabe des Senats ist für Flora- NutzerInnen, die für gewöhnlich in langwierigen Plenumsdiskussionen auf das Konsensprinzip setzen, ein ziemlich harter Brocken. Die anstehenden Alternativen sind darüber hinaus auch nicht sehr erfreulich: Entweder räumen die Flora-BetreiberInnen den ersten Stock ihres Gebäudes ganz, oder, wie es das letzte Angebot aus Altona vorsieht, zur Hälfte - andernfalls räumt der Senat sie, aber bestimmt nicht nur zur Hälfte.

Daß fortgesetztes Argumentieren mit der Senatorin wenig Sinn ergibt, konnten die VerhandlungsführerInnen vorgestern nur resigniert resümieren. Viele Vorschläge waren unterbreitet, Konzepte zur Kinderbetreuung durch den Flora- Verein vorgelegt worden. Doch nichts hatte vor den Augen der gegnerischen Verhandlungseite Gnade gefunden. „Sie wollen unseren Kniefall“, so das Plenumsfazit nach einer Stunde ratloser Beratung.

Da das Überleben des „autonomen Stadteilzentrums Rote Flora“ sich aber als der übergeordnete Wert für die meisten NutzerInnen erwies, war schließlich viel von „Kröten“ die Rede, die man wahrscheinlich werde „schlucken müssen“. Denn die Chancen, das Zentrum „auf der Straße durchzusetzen“, so die unwidersprochene Einschätzung einiger, seien derzeit gering. Die Teilung des oberen Stockwerks, es würde zur Hälfte dem Neubau an der Flora-Seite zugeschlagen, raubte dem Plenum jedoch den Tagungsraum. Der Wunsch der Diskutanten: In weiteren Gesprächen über Ersatz für den „geklauten Raum“ zu verhandeln.

Auch die Befürchtung, daß der Senat sich als unsicherer Vertragspartner erweisen könnte, der erst den kleinen Finger greift und danach den ganzen Arm ausreißt, geisterte durch die Runde. Nicht ganz zu Unrecht: Denn das Entgegenkommen der Flora-BetreiberInnen führt nicht automatisch zu einem positiven Senatsvotum für die Zukunft des Zentrums.

Eine Stellungnahme über das weitere Verfahren und darüber, ob über das Altonaer Kompromißangebot noch Verhandlungsspielraum besteht, war gestern aus der Stadtentwicklungsbehörde nicht zu bekommen. Dort war man mit der Bewertung der Flora-Beschlüsse befaßt. Sannah Koch