: Bundesanwälte jagen Eierwerfer
■ Eierwürfe auf Bundespräsidenten wurden zur Chefsache der Generalbundesanwaltschaft in Karlsruhe erklärt
Berlin. Wenn der höchste Repräsentant der Bundesrepublik mit Eiern und Tomaten beworfen wird, ist das ein Angriff auf Staat und Verfassung und somit ein klarer Fall für den Generalbundesanwalt in Karlsruhe. Mit dieser Ansicht steht die Berliner Staatsanwaltschaft, die jetzt die Ermittlungen wegen der Eierwürfe auf Richard von Weizsäcker bei der Demonstration am 8. November zur Chefsache der Bundesanwaltschaft erklärte, nicht allein. Generalbundesanwalt Alexander von Stahl zog bereits eins der Ermittlungsverfahren wegen Verunglimpfung des Bundespräsidenten an sich. Weizsäcker muß jedoch noch seine Ermächtigung dazu geben. Bei Rechtsextremisten tut sich von Stahl bekanntlich viel schwerer. Nach Angaben von Justizsprecher Bruno Rautenberg sind bei der Extremismus-Abteilung rund fünf Verfahren gegen mutmaßliche Eier- und Tomatenwerfer anhängig. Das Verfahren gegen einen 28jährigen Mann hätten die Karlsruher Ankläger bereits an sich gezogen. „Schließlich handelte es sich hier um einen besonderen Fall, weil die Attacke auf den Bundespräsidenten weltweites Aufsehen erregt hat“, sagte Rautenberg. Der Leiter der Extremismus-Abteilung, Carlo Weber, ließ durchblicken, daß möglicherweise noch zwei weitere Verfahren nach Karlsruhe überstellt würden. Vieles deutet daraufhin, daß es sich dabei um die Akten des Polit-Aktivisten Dieter Kunzelmann und des 53jährigen Verlegers Bernd Kramer handelt. Kunzelmann hatte sich in einem Selbstbezichtungsschreiben dazu bekannt, „mit großer Begeisterung und tiefer innerer Überzeugung ein märkisches Landei Güteklasse A“ in Richtung des „ehemaligen Inoffiziellen Mitarbeiters der Staatssicherheit und jetzigen brandenburgischen Ministerpräsidenten“ Stolpe geschleudert zu haben. Bedauerlicherweise sei er jedoch „wegen eines Polizeieinsatzes an der Inaugenscheinnahme von Flugbahn und Landung“ des Eis gehindert worden. Bernd Kramer hatte sich in einem Brief an die FDP-Chefin Carola von Braun darüber beschwert, daß diese die Eierwerfer als „links-faschistische Chaoten“ bezeichnet hatte. Er fühle sich persönlich beleidigt, weil er aus einem antifaschistischen Elternhaus komme und selbst zwei Eier in Richtung des „Herrenreiters“ von Weizsäcker geworfen habe. Damit die Eier „nicht eiern“, sondern „schnurstracks“ treffen, habe er diese zuvor mit „einer Stopfnadel ganz leicht angepiekst“. Von Braun hatte das Schreiben prompt an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet. Kunzelmanns Anwalt Hajo Ehrig teilte mit, daß sein Mandat bereits „vier Stunden lang“ vernommen worden sei. Daß sich der Generalbundesanwalt demnächst mit dem märkischen Landei befasse, so Ehrig, „wird Kunzelmann hoch erfreuen“. Ob Weizsäcker seine Ermächtigung geben wird, wird nach Angaben seines Pressesprechers kommende Woche geklärt. „Zuvor fahren wir erst mal nach Berlin, weil wir dort Termine haben.“ plu
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