: Butros Ghali steckt zurück
■ Unter dem Druck der Großmächte rückt der UNO-Generalsekretär von Plänen für eine UN-Armee ab
New York (IPS) — Ein Sprecher des UN-Generalsekretärs hat Presseberichte bestätigt, nach denen Butros Ghali von seiner Idee, eine UN-Armee einzurichten, abgerückt sein soll. Der Generalsekretär habe nach starkem Widerstand von den USA und anderen Westmächten aufgegeben.
Im vergangenen Jahr hatte Butros Ghali in seinem Bericht „Agenda For Peace“ vorgeschlagen, angesichts der Vielzahl von Konflikten in der Welt eine ständige UN-Streitmacht mit 10.000 Soldaten aufzustellen, die aus allen 179 UN-Mitgliedsstaaten stammen sollten. Der Generalsekretär hatte die Notwendigkeit der Welt-Armee mit einem Abschreckungseffekt begründet: „Die ständige Abrufbereitschaft einer stehenden Streitmacht könnte zum Frieden beitragen, denn ein möglicher Aggressor müßte damit rechnen, daß der Sicherheitsrat ein schlagkräftiges Mittel in der Hand hat.“
Diplomaten in New York ließen verlauten, daß der stärkste Widerstand gegen Butros Ghalis Plan aus dem US-amerikanischen Verteidigungsministerium gekommen sei, das sich geweigert habe, Truppen unter den Oberbefehl eines Ausländers zu stellen. Das Pentagon wurde mit der Befürchtung zitiert, daß US-Soldaten beim Einsatz in Dritte-Welt-Ländern zu „Zielscheiben“ werden könnten.
Bei bislang zwei Militäreinsätzen der Vereinten Nationen stellten die USA den Großteil der Soldaten: beim Golfkrieg 1990 und jetzt in Somalia. In beiden Fällen hatte Washington erfolgreich verlangt, daß die multinationale Streitmacht US-Generälen unterstellt werde.
Ein asiatischer Diplomat sagte, daß es den Westmächten bei ihrer Absage an die UN-Armee jedoch vielmehr um die Person Butros Ghalis gehe. Im Sicherheitsrat werde befürchtet, daß die UNO- Streitmacht dem Generalsekretär einen Machtzuwachs bescheren würde — und den wünsche kein westliches Mitgliedsland. Von den ständigen Sicherheitsratsmitgliedern China, Großbritannien, Frankreich, USA und Rußland hatte lediglich Frankreich nach Bekanntwerden von Butros Ghalis Vorschlag Zustimmung signalisiert: Präsident Francois Mitterrand hatte erklärt, daß sein Land imstande sei, innerhalb von 24 Stunden 1.000 Fallschirmjäger bereitzustellen und einige Tausende mehr innerhalb einer Woche.
„Wenn zwanzig andere Länder in der Lage sind, Gleiches zu tun“, hatte Butros Ghali damals gesagt, „würde das meine Handlungsfähigkeit in Krisenfällen stärken und die logistische Arbeit bei der Rekrutierung einer Eingreiftruppe vereinfachen“. Da dies nicht eingetreten ist, scheint die Idee jetzt vorerst vom Tisch.
Auch ohne feste Streitmacht haben die Vereinten Nationen ihre Friedenstruppen in der letzten Zeit ständig erweitert, so daß inzwischen mehr als 60.000 Soldaten im Auftrag der UN in 14 Krisengebieten im Einsatz sind.
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