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PDS sucht neue Theorie

■ Tagung mit Gysi und von Oertzen: Wege zu einer demokratischen Wirtschaft hier foto mit graffitti

Aus dem Souterrain sucht die PDS den Umsturz - theoretisch.

Der Kapitalismus ist gescheitert, davon waren die 150 Teinehmer eines PDS-Kongresses am vergangenen Samstag überzeugt. Wie könnte eine demokratische Wirtschaft aussehen, nachdem die realsozialistische Form gescheitert ist?

Siebzehn ReferentInnen aus PDS, SPD und Gewerkschaften hatten auf einer Arbeitstagung im Konsul-Hackfeld-Haus versucht, neue Konzepte zur „Wirtschaftsdemokratie und Eigentumsfrage“ zu debattieren. Zur abschließenden Podiumsdiskussion waren der Wirtschaftswissenschaftler Joachim Bischoff, der SPD-Mann Peter von Oertzen sowie den PDS-Star Gregor Gysi gekommen.

Joachim Bischoff diagnostizierte „Sklerose“: Die Probleme des Systems der Privatwirtschaft, Massenarbeitslosigkeit und Wachstumsschwäche, seien nicht durch eine staatlich gesteuerte Industrialisierung zu lösen. Vielmehr ginge es darum, den Dienstleistungs- und Kulturbereich zu stärken.

Die Betriebsrätin Sonja Kemnitz (PDS) forderte eine stärkere Beteiligung der Arbeitnehmer an Produktionsentscheidungen. Eine „Demokratisierung der Wirtschaft“ ginge über die staatliche und gesetzliche Ebene hinaus, deshalb sei eine Verstaatlichung allein keine Alternative zum Privateigentum. Judith Dellheim (PDS) hielt aber eine Kontrolle des Staates für notwendig, um eine menschliche Ressourcenverteilung zu ermöglichen.

Gregor Gysi bemängelte, daß für die Linke nach dem Zusammenbruch der ehemaligen DDR das Wort „Verstaatlichung“ schon fast tabu sei. Er wies auf die Vorteile des staatlichen Systems hin: auf die geringeren sozialen Unterschiede und den „fehlenden Wachstumsdruck“ in der Wirtschaft. Allerdings seien die realsozialistischen Systeme über den „ersten Schritt“ der Verstaatlichung nicht hinausgekommen. Außerdem sei es eine „diktatorische“ Regierungsform gewesen, sodaß bei der Eigentumsfrage entscheidend sei, „wie der Staat aussieht“. Das globale Problem der Umweltzerstörung müsse zu einem schrittweisen Abbau des Privateigentums führen, da die Wirtschaft nicht freiwillig ökologisch produziere, solange dies teurer ist, erklärte Gysi.

Für Sonja Kemnitz liegt das „Dilemma der Linken“ in ihrer diffusen Theoriediskussion begründet. Joachim Bischoff befürchtet einen Zulauf der rechten Parteien, da die Linke der enttäuschten Bevölkerung keine Alternativen mehr biete, sondern nur mit sich selber kämpfe.

Allerdings war auch die mit vielen Fremdwörtern der politischen Ökonomie durchsetzte PDS-Debatte kaum geeignet, „der Bevölkerung“ den Eindruck zu vermitteln, die theoretischen Modelle könnten auch praktisch umsetzbar sein. Marc Wiese

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