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40.000 Menschen gedachten Rosas und Karls

■ Tränen, geballte Fäuste, rote Fahnen

Berlin. Wie eine rote Schlange kroch der Demonstrationszug für Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht gestern durch die triste Frankfurter Allee. Das Ziel der rund 40.000 Menschen: das Grab der beiden 1919 von der Reaktion ermordeten Sozialisten in Friedrichsfelde.

Bei Passanten und Fensterguckern regten sich Gefühle. Einige waren zu Tränen gerührt angesichts derer, die noch immer die rote Fahne hochhielten und auf Transparenten unter anderem verkündeten „Trotz alledem – der Sozialismus siegt“. Andere reckten zum Gruß der Demonstranten die geballte Faust empor. Längst totgeglaubte Organisationen wie die FDJ zeigten Flagge. Einen Mittfünfziger konnte auch seine Gehbehinderung nicht von der Teilnahme abhalten. Mit der Rechten stützte er sich auf die Krücke, in der Linken hielt er die rote Fahne: „Mir ist keine Anstrengung zu groß, um dieses System in die Knie zu zwingen.“

Je näher der Zug dem Friedhof kam, desto stärker die Sympathiebekundungen am Wegesrand. „Det is doch wenichstens wieder Musike“, rief ein betagter Herr beim Klang der Internationale. Ein anderer Passant, der eher verstohlen den Demonstranten winkte, meinte auf die Frage einer Teilnehmerin, warum er nicht mitgehe: „So was dürfen nur die wagen, die nichts zu verlieren haben.“

Viele Demonstranten, unter ihnen der PDS-Vorsitzende Gregor Gysi, legten an dem Porphyrstein mit der Inschrift „Die Toten mahnen uns“ Blumen nieder. Die beiden Mitbegründer der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) waren am 15. Januar 1919 nach dem Scheitern des Aufstandes des Spartakusbundes von Freikorpsoffizieren ermordet worden.

Zu dem Umzug hatte die Friedenskoordinierung Berlin aufgerufen, ein loser Zusammenschluß linker Parteien und Organisationen. Vor einem Jahr waren 80.000 Menschen gekommen. Lisa Braun

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