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Damenopfer bei St. Pauli

■ Marketing-Chef Campe warf das Handtuch / Der FC vor der Katastrophe?

warf das Handtuch / Der FC vor der Katastrophe?

Krisenstimmung beim FC St. Pauli. Gestern gab es das erste Opfer in der Führungsetage des Vereins: Manfred Campe, Geschäftsführer der Marketing GmbH, hat das Handtuch geschmissen. Dem vormaligen Geschäftsführer des Kiezklubs mißlang es, weitere Sponsoren für den Verein zu finden. „Wir stehen an der Schwelle zur Katastrophe“, umschrieb Campe die wirtschaftliche und sportliche Situation des hochverschuldeten Tabellenneunzehnten der Zweiten Fußball-Bundesliga. Als Gründe für das Scheitern der Marketing GmbH führt Campe die mangelnde Fernsehpräsenz des FC St. Pauli an, außerdem die unsichere gesamtwirtschaftliche Lage in Deutschland, die sich auch zunehmend im Sportsponsoring bemerkbar macht.

Die Ratten verlassen das sinkende Schiff? Das kann man in bezug auf den gelernten Bankkaufmann Campe mit Sicherheit nicht sagen: Nach eigenen Angaben hat Campe noch keinen neuen Job. Vielmehr sieht er sich als Damenopfer, um eine ineffiziente Kostenstelle im arg strapazierten Haushalt des Vereins einzusparen, und will in Zukunft dem Kiezklub als ehrenamtlicher Ratgeber zur Seite stehen. „Ich bin kein Typ, der am Monatsende zum Präsidenten geht und seinen Gehaltsscheck fordert, ohne dafür etwas geleistet zu haben“, erklärt der Bayer in Diensten des Hamburger Stadtteilvereins. Er möchte die Kündigung seines bis 1994 laufenden Arbeitsvertrags als „Signal in zwei Richtungen“ verstanden wissen: Einerseits moniert Campe das mangelnde Engagement der abstiegsgefährdeten Fußballprofis; andererseits prangert er die wirtschaftliche Abhängigkeit des Vereins vom Präsidenten Heinz Weisener an. Der 64jährige Architekt bürgt für zehn Millionen Mark Vereinsschulden. Ein bereits für Januar angekündigtes Sanierungskonzept soll in den nächsten vier Wochen vorgelegt werden. Zudem sollen die Prämien der Spieler eingefroren werden, wenn keine

1110prozentige Leistung erbracht wird, die im Abstiegskampf vonnöten ist.

Neben den noch verbleibenden Angestellten der Marketing GmbH wird sich künftig auch der geschäftsführende Vizepräsident Christian Hinzpeter um die Sponsoren kümmern. „Dann muß ich wöchentlich noch ein paar Stunden dranhängen“, äußert sich der Advokat in Diensten des Millerntorklubs lakonisch. Kai Rehländer

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