: Regierung räumt Versagen in der Klimapolitik ein
■ Wirtschaftsstaatssekretär Heinrich Kolb (FDP) hält Klimaziel für nicht erreichbar
Berlin (taz) – Die Bundesregierung hat erstmals öffentlich ihr Versagen in der Klimapolitik eingeräumt. Der parlamentarische Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, Heinrich Kolb (FDP), sagte der Klima-Enquete- Kommission des Bundestages am Montag, daß bis zum Jahr 2005 eine Verringerung des Kohlendioxidausstoßes um 30 Prozent mit der derzeitigen Politik nicht machbar sei. Das „Orientierungsziel“ sei deshalb voraussichtlich nicht zu erreichen.
Schuld ist für den FDP- Staatssekretär aber nicht die Regierung, sondern die Menschen in den neuen Bundesländern. Weil sie erheblichen Nachholbedarf beim Autofahren und LKW-Verkehr hätten, werde es vor allem beim Verkehr schwierig, die Emissionen des Treibhausgases CO2 entsprechend zu senken.
Eigene Aktivitäten, um das vollmundig verkündete Ziel doch noch zu erreichen, lehnt die Bundesregierung andererseits ab. Eine Klimaschutzabgabe, in der Koalitionsvereinbarung vom Januar 1991 noch vorgesehen, soll höchstens noch auf europäischer Ebene verhandelt werden. Weil „mit nationalen Alleingängen die Klimabedrohung nicht gestoppt werden kann“, gleichzeitig aber die Konkurrenzfähigkeit der deutschen Wirtschaft in Gefahr gerate, habe man sich zum Verzicht auf eine eigene Politik entschlossen, so Finanzstaatssekretär Joachim Grünewald in einem Regierungsbericht an den Bundestag.
Damit sind selbst konservative Umweltverbände nicht zufrieden. Die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald, die zu dem „Grünen Runden Tisch“ Vertreter der zuständigen Bundesministerien sowie der Umwelt- und Forstverbände eingeladen hatte, fordert statt dessen eine stufenweise Anhebung der Mineralölsteuer. Das sei unerläßlich, um die Bürger zum Umstieg auf den öffentlichen Nahverkehr und die Schiene zu bewegen. Außerdem müsse auch auf Flugbenzin endlich eine Mineralölsteuer erhoben werden, so die Schutzgemeinschaft. Ihr Chef ist der Vorsitzende des Umweltausschusses, der CDU-Abgeordnete Wolfgang von Geldern.
Der Deutsche Naturschutzring (DNR) will die Mineralölsteuer gleich auf fünf Mark pro Liter erhöht wissen. Für den Pkw-Kauf sollte eine Steuer eingeführt werden, so sein Geschäftsführer Helmut Röscheisen. Inlandsflüge gehörten ganz verboten. ten
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