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Den USA ging die am Montag abend beschlossene offizielle Reaktion der UNO auf die irakischen Vorstöße in die entmilitarisierte Zone im Norden Kuwaits nicht weit genug. Schon vor der Sitzung wurde klar, daß die USA den Irak in Zukunft zur Einhaltung der Resolution zwingen wollen – auch ohne Vorankündigung.

Lasche UN-Erklärung ist Blankoscheck für die USA

Die Politik des Weltsicherheitsrates gegenüber dem Irak ist eine Sache, die der US-Administration eine andere. Dies zeigte sich in der Nacht zum Dienstag, als die Vertreter der 15 Mitgliedstaaten des Sicherheitsrates erneut zu einer Sitzung hinter geschlossenen Türen zusammenkamen, um über Änderungen einer gerade erst beschlossenen Resolution zu beraten – offenbar auf US-amerikanischen Druck hin und mit dem Ziel, den Text zu verschärfen.

Sechs Stunden hatte der Sicherheitsrat am Montag abend konferiert, ehe die offizielle Reaktion der UNO auf die irakischen Vorstöße in die entmilitarisierte Zone im Norden Kuwaits unter Dach und Fach war. Und die Erklärung fiel überraschend lasch aus – zumindest auf den ersten Blick. Zwar werden dem Irak für den Fall weiterer Verstöße des Waffenstillstandsabkommens „ernste Konsequenzen“ angedroht – die nicht näher ausgeführt wurden. Eine Verschärfung der Sanktionen wurde jedoch nicht beschlossen. Und im Falle der am Sonntag abtransportierten Waffen wird der Irak lediglich zur Rückgabe aufgefordert, ohne daß dafür aber eine Frist gesetzt wurde. Der amtierende Ratspräsident, der japanische UNO- Botschafter Yoskio Hatano, sagte im Anschluß an die Veröffentlichung der Resolution, es sei gegenwärtig nicht beabsichtigt, den Irak mit Gewalt zur Einhaltung der Waffenstillstandsverpflichtungen zu zwingen. „Ich denke, wir sollten den Druck auf den Irak mit anderen Mitteln aufrechterhalten“, fügte er hinzu.

Dies ging den USA nicht weit genug. Wie Teilnehmer der Sitzung berichteten, war der US-amerikanische Vertreter bemüht, den Text zu verschärfen. So sei es ihm in letzter Minute gelungen, einen Paragraphen hinzuzufügen, der den Irak dafür verurteilt, die UNO-Resolutionen weiterhin zu „verhöhnen“.

Der Sprecher des Weißen Hauses, Marlin Fitzwater, hatte ohnehin schon vor der Sitzung klargestellt, worum es nach Auffassung der US-Administration geht: die USA würden in Zukunft Maßnahmen gegen den Irak ergreifen, um ihn zur Einhaltung der Resolutionen zu zwingen, sagte Fitzwater. „Welche Maßnahmen auch immer notwendig sind – sie werden nicht von Warnungen begleitet sein“, fügte er hinzu.

Dies hatten die USA bereits am Samstag angekündigt, nachdem das Ultimatum an den Irak, seine Raketen aus der Flugverbotszone im Süden des Landes abzuziehen, abgelaufen war. Insofern lassen sich die jetzt angedrohten „ernsten Konsequenzen“ auch als eine Art Blankoscheck für militärische Angriffe interpretieren – unabhängig von einer Veränderung der Resolution.

Nach dem Landeverbot für das UN-Flugzeug und den Übergriffen auf kuwaitisches Territorium hatte die US-Administration klargestellt, daß sie vor einem möglichen Angriff erst die Entschließung des Sicherheitsrates abwarten wolle. In früheren Fällen, etwa der Verhängung des Ultimatums, hatten die USA in Absprache mit den Golfkriegsalliierten Frankreich und Großbritannien und mit Duldung Rußlands über das weitere Vorgehen im Alleingang entschieden. Doch jetzt, angesichts der ständigen irakischen Nadelstiche, hält man wohl sicherheitshalber etwas Kosmetik für erforderlich: die USA wollen in der arabischen Welt nicht als der alleinige Angreifer dastehen. Nach den Berichten über „eine Handvoll“ irakischer Raketenbatterien in der nördlichen Flugverbotszone zum Schutz der Kurden und dem gestrigen, neuerlichen Einfall im kuwaitischen Marinestützpunkt Umm Kasr hat Saddam Hussein weitere Anlässe für ein mögliches militärischen Eingreifen geschaffen. Zumal der US-amerikanische UNO- Botschafter Edward Perkins erklärte, der Irak sei von den drei westlichen Golfskriegsalliierten ausdrücklich gewarnt worden, nicht noch einmal zu dem Militärstützpunkt zurückzukehren. b.s.

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