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Genre-Mix

■ Die Kurzfilmreihe „Asynchronrolle“

Der Totbeterei des deutschen Kinos zum Trotze zeigt sich im Rahmen der Kurzfilmreihe „Die Asynchronrolle“ der deutsche Filmnachwuchs lebendiger denn je. Zehn Jungregisseure der Berliner Filmhochschulen HFF und DFFB zeigen repräsentativ ihre aktuellen Arbeiten.

Der erste Film, „Farbtöne“, ist ein Animationsfilm von Gerald Klein, der im wörtlichen Sinne das Filmen als Fingerübung ausweist: verschieden große, bunte Hände laufen rhythmisch über die Leinwand und bilden eine Partitur für einen Film, der erst noch gedreht werden muß. In „Honey Moon“ inszeniert Mark Schlichter ein klassisches Achtziger-Jahre-No- Future-Hochzeitspaar vor einer Blue Screen, die den urbanen Hintergrunddschungel ihrer irrealen Verbindung abgibt. „Einige Minuten Außenpolitik“ ist Titel und Thema von Olaf Skrziczyks Kurzfilm, der prosaisch-ironisch eine Zukunft heraufbeschwört, in der Plutonium gegen eine Flasche Rum für den privaten Krieg und Hausgebrauch zu haben ist. Die reale Endzeitstimmung fängt Norst Markraf in seinen Zeitlupen-Dokumentaraufnahmen von Europas schmutzigster Stadt ein: „Elegie Bitterfeld“. Sarkastisch zeigt Donald Kraemer, worin „Honeckers Rache“ besteht: ein szeniger Motorradcowboy, der mit seiner Freundin einen ersten Ausflug zur Ostsee macht, erlebt durch einen Sprung ins Ostseegewässer eine Metamorphose. Heraus kommt ein Deutschlandfan in Karohemd und Ostjeans. Zu lang wirkt dagegen „Zug in die Ferne“ von Andreas Dresen, der eine junge Frau und einen einsamen älteren Mann auf einem leeren sehnsuchtsbeladenen Bahnhof miteinander konfrontiert. Warum „Der Schein trügt“, wird zwar nicht klarer durch Castro Zens dreiminütigen Film, aber zu sehen ist in Großaufnahme, wie verschiedene Geldscheine und -stücke, ihrer symbolischen Bedeutung enthoben, nurmehr als pures Werkstoffmaterial bearbeitet werden. Den Mythos vom abenteuerlichen „Bankraub“, entlarvt sich durch Steph Krumbiegels und Chris Valentins Bearbeitung als Farce: bevor irgend etwas passiert, erschießt sich der imaginäre Held versehentlich selbst. Mit Texten und schrill-verzerrten Farbbildern gelingt Bernd Löhr eine filmische Hommage an die Großstadt in „Night comes falling“.

Zum Abschluß der Kurzfilmrolle zeigt Holger Kunze in „Grotesk7“ die zynische Ausweglosigkeit seiner ans Bett gefesselten Hauptfigur, die auf aberwitzige Weise mit Heilsarmisten als weltlichen Gottesboten schicksalsträchtig konfrontiert wird. Der Genre- Mix und auch die formale Unterschiedlichkeit der einzelnen Filme sorgen immerhin auch beim skeptischen Zuschauer für Aufmerksamkeit und Neugierde. Christiane Voss

„Asnchronrolle“: 22.15 und 1.15 Uhr im Moviemento 3

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