: NO FX u.a. im Schlachthof
■ Eine chaotische Nacht, Lemmingdrang / „Ich höre nur ba ba ba „
Kein Abend wie jeder andere. „Has ma ne Maak?“, schlägt es einem gleich am Eingang des Schlachthofes entgegen. Dunkle Menschentrauben belagern die Auffahrt zur Kesselhalle. Es ist windig und kühl. „Kannst Du mich mit reinnehmen?“ Nein, kann ich nicht. Es ist ausverkauft.
Die erste Gruppe hat schon gespielt. Eyehategod hieß sie. Nie von denen gehört, sie waren auch nicht angekündigt. Drinnen ist es erbarmungswürdig voll. Eine atemeraubende Wolke von Mief, Muff und menschlichen Ausdünstungen schlägt dem Neuankömmling entgegen. Der Blick zur Bühne ist vielköpfig verstellt. Jemand brüllt mir ins Ohr, den baßlastigen Krach hätte Crowbar zu verantworten. Das sollte mich dienstlich interessieren, tut es aber nicht. Das Gewummer von irgendwo vorn rechts ist oberlangweilig.
Wieder vor der Tür. Zwei junge Menschen aus Bayern, sie mit einem Blick, der Steine erweicht, flehen mich an. „Wir sind totale NO FX-Fans. Es gibt keine Karten mehr. Was sollen wir tun?“ Keine Ahnung. Drinnen wummert es wieder. Jetzt soll Lag Wagon der Grund dafür sein. Ein langjähriger Bekannter aus unzähligen Punknächten will mehr wissen. Mein Achselzucken interpretiert er als Negativwertung. „Geh' doch selbst rein“, raunze ich mißmutig. „Is– zu voll“.
Das Rein-Raus-Spiel in der Eingangstür nimmt lemminghafte Formen an. Ich atme noch einmal tief durch, reihe mich ein und werde wieder in die Halle geschoben. Der Typ von vorhin hat wohl genug Markstücke geschnorrt, jetzt spuckt er mir drinnen minutenlang ins Ohr, wie klasse er die Verbindung von schnellem Hardcore und der 60er-Jahre-Musik von NO FX findet. Ich höre nur „Ba Ba Ba“.
Im Dunst erkenne ich Erstversucher bei Stage-Diving. Sie trauen sich nicht und werden vom Roadie einfach von der Bühne gestoßen. Nun will ich den Schnorrer auch anbrüllen, aber er spuckt mir ins Auge. Ich dreh' mich um und gehe. Das war kein Abend wie jeder andere. Dull J.F.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen