: SPD will Geld für Tunnel bereitstellen
■ Nach Klausurtagung: Fraktion will Tiergarten-Tunnel nun vorfinanzieren/ Berlin soll 200 Millionen Mark aufbringen
Berlin/Königslutter. Beim geplanten Autotunnel unter dem Tiergarten hat die SPD eine Kehrtwende um 180 Grad vollzogen. Nachdem die verkehrspolitische Sprecherin Käthe Zillbach noch am 30. Dezember verlauten ließ, der Tunnel werde fallengelassen, wenn Bonn nicht zahle, haben es sich ihre Genossen nun anders überlegt. Mit großer Mehrheit stimmte die SPD-Fraktion am Wochenende auf der Klausurtagung im niedersächsischen Königslutter dafür, den Bau mit 200 Millionen Mark aus dem Landeshaushalt vorzufinanzieren. Wie zu vernehmen war, unterstützten auch Vertreter des linken und ökologischen Flügels den Beschluß.
Landes- und Fraktionsvorsitzender Ditmar Staffelt rechtfertigte den Gesinnungswandel seiner Partei mit der zögerlichen Haltung in Bonn. Mit dem Beschluß solle „eine Entscheidung der Bundesregierung für die Hauptstadtplanung“ provoziert werden. Bisher will sich Bundesverkehrsminister Günther Krause (CDU) nicht an den geschätzten 700 bis 900 Millionen Mark für den Tunnelbau beteiligen. Daraufhin hatte Ende letzten Jahres bereits Bundessenator Peter Radunski (CDU) verlauten lassen, im „äußersten Notfall“ sei Berlin bereit, die gesamten Kosten zu übernehmen.
Während Jugendsenator Thomas Krüger (SPD) gegenüber der taz die Entscheidung als „mutigen Schritt“ lobte, sprachen die Berliner „Jungsozialisten“ auf ihrer Delegiertenkonferenz von einem „Bankrott“ sozialdemokratischer Verkehrspolitik. Als einen „Skandal“ nannte der verkehrspolitische Sprecher von Bündnis 90/Grüne, Michael Cramer, den Beschluß der SPD. Er zeige, daß die SPD die verkehrs- und umweltpolitischen Notwendigkeiten noch immer nicht begriffen habe. Statt Verkehr durch den Tunnel in die Innenstadt zu leiten, sollte der Senat vielmehr den öffentlichen Nahverkehr fördern. Mit der veranschlagten Gesamtsumme für den Tunnel könnte das von seiner Partei vorgeschlagene Schienenverkehrskonzept für das Regierungsviertel dreimal finanziert werden, so Cramer.
Auf ihrer Klausurtagung einigte sich die SPD-Fraktion außerdem darauf, die Eigenbetriebe des Landes in Anstalten des öffentlichen Rechts umzuwandeln. Staffelt kündigte an, mit den Arbeitnehmervertretern und der CDU intensive Gespräche zu führen, um noch vor der Sommerpause die Errichtungsgesetze und Satzungen beschließen zu können. Bereits am Freitag hatte sich der CDU-Fraktionsvorsitzende Klaus-Rüdiger Landowsky für eine Umwandlung der Eigenbetriebe in privatrechtlicher Form einer Aktiengesellschaft oder GmbH als auch in eine Anstalt des öffentlichen Rechts ausgesprochen. sev
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen