piwik no script img

Mit Blauhelm zur Wahl

■ SPD zu Grundgesetzänderung gedrängt

Bonn (AFP) – Als „entscheidende Frage“ für das Ansehen Deutschlands in der Welt hat Kanzler Kohl die Beteiligung der Bundeswehr an friedensschaffenden und friedenserhaltenden Einsätzen außerhalb der NATO bezeichnet. Sollten sich die Sozialdemokraten einer Verfassungsänderung mit Zweidrittel-Mehrheit im Bundestag verweigern, werde die Union diese Frage notfalls zum Wahlkampfthema 1994 machen, warnte Kohl beim Parteitag der NRW-CDU in Neuss.

Auch Außenminister Kinkel (FDP) appellierte an die SPD, bei der notwendigen Grundgesetzänderung konstruktiv mitzuarbeiten. Die Absicht der Bonner Koalition, auch zusammen mit den Partnern in WEU, Nato oder KSZE einem dritten angegriffenen Staat auf dessen ausdrückliche Bitte sogenannte Nothilfe zu leisten, bis der Sicherheitsrat eingreife, sei an die Zustimmung einer Zweidrittel- Mehrheit im Bundestag gebunden.

Entgegen der ablehnenden Haltung der Parteispitze signalisierten unterdessen mehrere SPD-Politiker ihre Zustimmung zum Koalitionsvorschlag. Der SPD-Bundestagsabgeordnete Hans Büchler sagte der Neuen Presse, wenn auch die geplanten Einsätze für friedensherstellende Maßnahmen der UNO mit einer Zweidrittel-Mehrheit im Bundestag beschlossen werden müßten, könne er den Vorschlag mittragen. Dieser sieht für UN-Kampfeinsätze die Zustimmung nur der einfachen Mehrheit vor. Der Verteidigungsexperte Andreas von Bülow betonte, Deutschland müsse in der Lage sein, mit anderen Nationen und gestützt auf eine große Bundestagsmehrheit an internationalen Kampfeinsätzen teilzunehmen.

Der verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Walter Kolbow, äußerte die Erwartung, daß man sich „in den Ausschüssen und möglicherweise in der Verfassungskommission“ wieder annähern werde. „Es sind nicht sämtliche Brücken abgebrochen.“

Auch der FDP-Abgeordnete Jürgen Koppelin hält eine Einigung für möglich: „Wir werden gegebenenfalls noch mal einen Kompromiß machen.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen