: Verfassungsschutz: Gewalt kommt von links
■ Bundesamt verbreitet Propagandalügen der Rechtsradikalen
Köln/Düsseldorf (taz) – „Bei Zusammenstößen von Links- und Rechtsextremisten in den alten Bundesländern geht die Gewalt in der Regel von Linksextremisten aus.“ So lautet das Fazit einer 67seitigen Studie des Kölner Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) über „militante Autonome“ in Deutschland. Während das alte Feindbild der beamteten Schlapphüte aus Köln im Westen keinerlei Risse zeigt, herrscht über die Verhältnisse im Osten noch Konfusion: „Über die Situation in den neuen Bundesländern besteht kein verläßlicher Überblick.“ Woran liegt das? Vielleicht daran, daß man fast täglich darüber lesen kann, wie Rechte im Osten Linke überfallen? Paßt diese Reihenfolge vielleicht nicht ins Konzept?
Gewiß, auch die militante Linke schlägt brutal und gezielt zu – bis hin zum Mord an dem Rechtsradikalen Gerhard Kaindl in Berlin im letzten Jahr. Aber bei dem von den Kölner Verfassungsschützern gemalten Bild stimmen weder die Relationen noch die Fakten. Tatsächlich werden in der Studie Propagandalügen der Neonazis als Tatsachen verbreitet. Ausführlich zitiert der Bericht aus einem zweiseitigen Schreiben der rechtsradikalen Bonner „Anti-Antifa“ vom September letzten Jahres. Wörtlich heißt es darin über die Stadt Bonn: „Allein in den letzten zwölf Monaten hat es mehr als dreißig (!) gewaltsame Angriffe ... gegeben. Ein ... Kamerad wurde durch Schläge mit Baseballschlägern so zugerichtet, daß seine Schädeldecke offenlag, Unmengen von Blut und Hirnmasse heraussickerten.“
Nach Auskunft des Düsseldorfer Innenministeriums ist diese Geschichte „frei erfunden“. Den Kölner Verfassungsschützern dient diese „Propaganda-Lüge“ gleichwohl als ein Beleg für „das Ausmaß antifaschistischer Gewalt“ in der Bundeshauptstadt.
Wievieler solcher fiktiver Überfälle in der BfV-Statistik enthalten sind, steht dahin. Ingesamt haben sich nach der BfV-Zählung die „militanten Aktionen“ von Linksextremisten gegen Rechtsextremisten schon in den ersten zehn Monaten des Jahres 1992 gegenüber dem Vorjahr von 98 auf 206 Fälle „mehr als verdoppelt“. Im selben Zeitraum habe es demgegenüber nur „insgesamt 67 Gewaltaktionen mutmaßlicher Rechtsextremisten gegen politische Gegner“ gegeben. „Ein Ende des ,Hochschaukelns‘ der politischen Extreme“ sei nicht in Sicht. Walter Jakobs
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