Professoren als universitäre Saalwächter

■ Wissenschaftssenator Erhardt will Studentenzahl auf 100.000 reduzieren / Studiengebühren beim Überschreiten der Regelstudienzeit / Zweifelhafte Erfolgsbilanz bei Wissenschaftler-Integration

Berlin. Immer feste druff – so lautet die Devise des Wissenschaftssenators Manfred Erhardt (CDU) für die Hochschulpolitik. Der Senator hält an seiner Absicht einer drastischen Reduktion der Studienplätze um 20 Prozent fest. Das bedeutet vor allem, daß den unter Überlast stöhnenden Universitäten zunächst das dringend gebrauchte Lehrpersonal entzogen wird.

Erhardts einziges Zugeständnis an Bildungsplaner und Verwaltungsgerichte, die seine Politik konterkarieren, ist die Verlangsamung: „Es wird acht bis zehn Jahre dauern, bis die Studienplatzzahl auf 100.000 heruntergefahren ist“, erklärte Erhardt gestern. Derzeit studieren 146.000 Menschen.

Den Plan für den Studienplatzabbau will der Senator noch diesen Sommer dem Senat zum Beschluß vorlegen. Gestern ergänzte er den Plan um einen 12-Punkte-Katalog für eine „bessere Qualität der Lehre“, wie der Senator ihn nennt. Dazu zählen Studiengebühren bei Überschreiten der Regelstudienzeit. Erhardt will die Forschungsfreisemester bei Professoren beschneiden, „wenn Defizite in der Lehre zu verzeichnen sind“.

Außerdem steht – sollte der Katalog in die Tat umgesetzt werden – eine Verschulung des Studiums an. In der Terminologie des Senators heißt so etwas „strukturell-quantitative Eckdaten“ für die Regelstudienzeit, die Zahl der Semesterwochenstunden, die Prüfungsleistungen. Die Professoren werden – das gute alte Disziplinarrecht läßt grüßen – als Saalwächer der Universitäten wieder mehr zu kontrollieren und bestrafen haben. Entsprechend soll „die Stellung der Dekane gestärkt werden“, damit sie über Lehrdeputate und Lehrangebote „wachen“ können. Erhardt will – so sagte er wörtlich – „das unheilige Bündnis zwischen bequemen Professoren und bequemen Studenten aufbrechen“.

Der Aufbau einer außeruniversitären Forschungslandschaft sei geglückt, resümierte Manfred Erhardt den zweiten Schwerpunkt seiner Politik. Von ehemals rund 7.500 MitarbeiterInnen der ehemaligen Akademie der Wissenschaften seien 6.500 untergebracht worden. Bei genauerem Hinsehen verblaßt diese Erfolgsmeldung. Knapp 2.000 Menschen sind im Wissenschaftler-Integrationsprogramm (WIP) beschäftigt. Sie sitzen auf befristeten Stellen. Nicht anders die Vielzahl der WissenschaftlerInnen, die über Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (ABM) bezahlt werden. Allein bei der Koordinierungs- und Aufbau-Initiative für die Forschung, kurz KAI e.v., sind dies 650. Die KAI selbst erwartet, daß der erste Arbeitsmarkt für die meisten Wissenschaftler verschlossen bleiben wird. cif