: Nachts tobt der Terror durch die Betten Von Herrn Thömmes
Vorsicht! Heute ist hier von massenhaftem Terror die Rede – meist nachts. Wenn es dunkel wird, geschieht das Ungeheure. Millionen, ach was: Milliarden Erdlinge heben dann an, ihre Mitmenschen zu quälen, ja, sie treiben ihre Nächsten in den Wahnsinn und nicht selten in die Flucht. Dann geht ein Rumpeln los und ein Knattern, ein Heulen und Tosen, ein Wimmern und Zischen. Hört Ihr sie? Aahh, die SCHNARCHER sind wieder los.
Sicher, nun ließen sich munter Späßchen machen zu diesem Thema, aber das ziemt sich nicht, denn die Lage ist wirklich ernst. Dies zeigt sich vor allem daran, daß sich die Wissenschaft des Problems angenommen hat (was sie, wie wir wissen, nur in wirklich relevanten Fällen tut). Zuerst die gute Nachricht für alle, denen der Atem nächtens nicht geräuschlos aus dem Maule fleucht: Ihr seid nicht allein!! Ei, mit diesem Trostwort ist flugs jeder zweite Mann und jede fünfte Frau psychisch wiederaufgerichtet – so viele nämlich schnarchen. Gleich noch etwas Positives, Ihr seid nicht so böse wie Melvyn Switzer, dessen Rekordgeräusch mit 88 dB gemessen wurde, was dem Gedröhne eines Preßlufthammers entspricht. Und: Winston Churchill, Julius Cäsar, Prinz Charles, Abraham Lincoln – alles tolle Kerle (ähm) und aktive Schnarcher.
Wir wissen zudem wissenschaftlich, woher das „schlafbedingte akustische Phänomen“ (Prof. Pirsig, Uni Ulm) kommt: durch Blockierung der Atemwege und dadurch flatterndes Gaumensegel. Alles halb so wild, werte Schnarcher(in), bedenklich wird das nur bei sog. Apnoetikern, weil denen hundertemal der Atem stillsteht, und das geht echt ans Herz, weshalb alle apnoetischen (vom griechischen apnoia = Windstille) taz-Leser besser sofort um einen Arztbesuch bitten, während all die anderen erfahren, daß sich mittels operativem Eingriff alles zum Besten wenden kann: nur gelegentlich kommt es dabei zu Veränderung der Stimmlage oder zur Regurgitation, aber diese näher zu erklären verbietet sich, da Zeitungen häufig beim Frühstück gelesen werden.
Nun sollten wir nicht so tun, als seien die Betroffenen arme Teufel, vielmehr sind ja gar nicht die Schnarcher betroffen, sondern die Beischläfer(in). Ihnen gilt unser Mitgefühl und die Übermittlung bewährter Hausmittel: zwacken am großen Zeh, knuffen mit dem Knie, Griff in die Genitalien, zuhalten der Nase – oder Ohrstöpsel (Sicherheitsstufe 1)! Wer sich trotzdem um den Schlaf gebracht sieht, kann durch neueste Forschung des englischen Arztes Dr. Ernest Lonbay die Nacht wenigstens zum Partnertest nutzen.
Der teilt die Ruhestörer in Löwen, Katzen, Schweine und Pfeifer, und was aussieht wie ein chinesisches Horoskop, ist nach Lonbay die Typologie des Wesens. Löwen (brüllen!) sind „ängstliche Seelen, die ihre Aggressionen im Schlaf frei werden lassen“. Katzen (schnurren!) sind „zufrieden“. Pfeifer (pfeifen melodisch!) sind willensstark, „meist Geschäftsleute mit künstlerischen Neigungen“. Und das Schwein (grunzt!)? „Unsichere Menschen, die von geheimen Ängsten geplagt sind.“
Zeige mir, wie du schnarchst, und ich weiß, wie du bist. Ha, ab heute wird jedes Schlafzimmer zum Observatorium! Gute Nacht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen