: Schröder bleibt ein U-Boot-Fan
■ Der niedersächsische Ministerpräsident verteidigt Rüstungslobbyismus für Taiwan / Grüne Koalitionäre widersprechen dem Seniorpartner / CDU weiß nicht wohin vor Aufregung
Hannover (taz) – Der niedersächsische Ministerpräsident Gerhard Schröder setzt sich weiterhin mit Nachdruck für die Lieferung von U-Booten und Fregatten nach Taiwan ein. Während der SPD- Vorsitzende Björn Engholm gestern klar gegen den Rüstungexport in das Spannungsgebiet Position bezog, rechtfertigte Schröder vor dem Landtag mit Arbeitsplatzargumenten sein Eintreten für den Waffen-Deal. Schröder gab zu, daß er bereits im vergangenen Jahr Bundeskanzler Kohl und Wirtschaftsminister Möllemann mitgeteilt hat, bezüglich des U-Boot-Geschäftes befürworte er „aus arbeitsmarktpolitischen Gründen eine positive Entscheidung des Bundessicherheitsrates“. Damit habe er selbst zwar gegen die prinzipielle Position, kein Rüstungsexport in Spannungsgebiete, verstoßen, sagte der Ministerpräsident. Doch angesichts der Rezession und des Arbeitsplatzabbaus in Niedersachsen habe er diese prinzipielle Position nicht aufrechterhalten können und sich für den U- Boot-Export entschieden. „Eine andere Entscheidung oder eine Relativierung dieser Entscheidung kriegen sie nicht“, erklärte Schröder dem Landtagsplenum. In der gleichen Debatte bezogen die in Niedersachsen mitregierenden Grünen eindeutig Position gegen das U-Boot-Geschäft. Die grüne Fraktionsvorsitzende Thea Dückert bezeichnete das Eintreten Schröders für den Rüstungsexport als „falsch“. Sie verlangte, daß sich alle Mitglieder der niedersächsischen Landesregierung, auch der Ministerpräsident, an die Beschlußlage des Landeskabinetts halten, die Rüstungsexporte an Staaten außerhalb der Nato untersagt. Den Ministerpräsidenten persönlich forderte Dückert auf, „diese ablehnende Haltung der Landesregierung der Bundesregierung gegenüber noch einmal ausdrücklich zum Ausdruck zu bringen“. Auf diese Forderung des grünen Koalitionspartners ging Schröder allerdings in der weiteren Debatte mit keinem Wort ein. Ebenso vielstimmig wie das Regierungslager trat die Opposition auf. CDU- Fraktionsvorsitzender Gansäuer zitierte einen Beschluß der Landesregierung vom 26.2.91, in dem diese „ein striktes Exportverbot von Kriegswaffen und Rüstungsgütern außerhalb der Nato“ fordert. Gansäuer erinnerte daran, daß Niedersachsen im Bundesrat sogar beantragt hat, ein solches Exportverbot im Grundgesetz zu verankern. Schröder nannte der CDU-Fraktionschef „scheinheilig“, einen „verbalen Moralapostel“ und einen „Meister der Worthülsen“. Die CDU-Landtagsabgeordnete Brigitte Stoll warb allerdings später eindringlich für den Rüstungsexport nach Taiwan. Auch der FDP-Fraktionsvorsitzende Martin Hildebrandt sprach von „schierer Heuchelei“ des Ministerpräsidenten. Allerdings gebe es auch in der FDP viele Politiker, die für die Waffenexporte nach Taiwan seien. Heute steht im Landtag noch eine dringliche Anfrage der FDP zu den U-Boot-Exporten auf der Tagesordnung. Zumindest bei deren Beantwortung hat die rot-grüne Landesregierung dann eigentlich mit einer Stimme zu sprechen. ü.o.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen