: Schöner Park, böser Verdacht
■ Der Jenisch-Park in Flottbek soll geliftet werden: nur ein Vorwand, um für den Airbus eine Schneise zu schlagen?
in Flottbek soll geliftet
werden: nur ein Vorwand, um für den
Airbus eine Schneise zu schlagen?
Heiterkeit im Hearing, die ältere Generation vertüdelt sich mit ihren Erinnerungen: „In der Baron- Voght-Straße war nie ein Fußweg auf der Parkseite!“ Protest von rechts: „Doch, immer!“ Na, was denn nun? Was im Flottbeker Jenisch-Park und drum herum einmal war, was heute da ist und was vielleicht wieder einmal sein wird, das haben fleißige Gutachter in jahrelanger Arbeit zusammengetragen. Das Ergebnis: ein „Parkpflegewerk Jenischpark“. Am Mittwochabend nun war in der Aula des Hochrad- Gymnasiums die Meinung der Anwohner gefragt: Der Grün-Ausschuß der Bezirksversammlung Altona hatte zur öffentlichen Anhörung geladen. Thema: Zustand und Entwicklung des Jenisch-Parks.
Darum geht's: Der Jenisch-Park in Flottbek, wohl der schönste und
1älteste englische Landschaftspark in Norddeutschland, ein ursprünglich künstlich (und kunstvoll) gestaltetes Gelände an Elbe, Geesthang und Flottbektal, verkommt seit Jahren: Wo sich früher von markanten Punkten überraschende Blickbeziehungen ergaben, von Baumgruppe zu Baumgruppe, von Hügel zu Hügel oder auf die Elbe, da wuchert heute alles so, wie es der Natur so paßt und wie es eher plan- und konzeptloses Ausholzen des Gartenbauamtes zuläßt. Die Wege sind in schlechtem Zustand, teils sind sie von Kötern vollgeschissen, teils sind Wegführungen kaum noch zu erkennen.
Das Konzept der Planer dagegen, Parkpflegewerk genannt: Der Park sollte in den ursprünglichen Zustand zurückversetzt werden. Gemeint ist der Zustand von 1927,
1damals ging der Park aus dem Privatbesitz der Familie Jenisch in öffentliches Eigentum über. Also: hier eine Holzbrücke über den Hohlweg, dort eine Mooshütte wieder errichten; die teilweise niedergetrampelte Einzäunung erneuern und den Besucher durch die Tore gezielt an den Park heranführen; die Begradigung der Flottbek beseitigen und am Bach ein durchgehendes Band von Feuchtwiesen entstehen lassen. Auch „vegetative Maßnahmen“, so heißt es im Planer-Deutsch, werden vorgeschlagen: Man will Gehölze beseitigen, die nicht standortgemäß sind, und die sich zum Teil erst in den letzten Jahrzehnten angesiedelt haben. Man will das Unterholz auslichten und außerdem Blickbezüge wiederherstellen, die zugewuchert sind. Da könnte wohl manch ein Baum im Wege sein, der früher nie im Parkprogramm vorgesehen war, jetzt aber eine beachtliche Größe erreicht hat.
Genau das ist die Befürchtung
1vieler Naturschützer. Auch wenn die Parkpfleger behutsam vorgehen wollen: Wenn Unterholz ausgelichtet wird, dann werden wohl manche Rotkehlchen, Zaunkönige und deren vierbeinige Kleintier-Genossen ihren Lebensraum verlieren. Auch Freizeitnutzer fragen sich stirnrunzelnd, ob hier nicht vielleicht aus einer naturidentischen Anlage ein wunderschöner, aber steriler Park werden könnte?
Doch darüber besteht kein Zweifel: Im Grundsatz sind die meisten Anwohner — von denen viele mit den mächtigen Eichen und Buchen des Parks seit frühester Jugend persönlich bekannt zu sein scheinen — mit den Vorstellungen der Planer höchst einverstanden. Nur: Kosten wird's doch auch einiges, wenn man den Park als begehbares Denkmal wiederherstellen will. Und das in einer Zeit, in der die öffentlichen Kassen so leer sind wie noch nie? „Ich begreif die Welt nicht mehr“, läßt ein fassungsloser Flottbeker verlauten. Die Sache
1muß doch einen Haken haben?!
Was also ist mit dem Airbus-Bau in Finkenwerder: Die Einflugschneise führt direkt über den Park, sollen da vielleicht unter dem Vorwand des Denkmalschutzes die höchsten Bäume gekappt werden, die Gartenplaner als nützliche Idioten also? Vielleicht etwas übertriebene Befürchtungen, aber immerhin findet auch der Ausschuß-Vorsitzende den „Verdacht wegen Airbus berechtigt“.
Das Thema wird noch einige Zeit in der Diskussion bleiben: Zur Landeplatz-Erweiterung in Finkenwerder werden Ende Januar die Erörterungen fortgesetzt, und mit dem Pflegekonzept für den Jenisch- Park werden sich nun die Gremien der Altonaer Bezirksversammlung auseinandersetzen.
Wie sagte doch einer der Gutachter so treffend: „Die Pflege des Parks war in den letzten Jahren nicht immer ein Anlaß zur Freude.“ Vielleicht ändert sich das jetzt? Johann Peter Nissen
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