: Ostfriesland knapp an Katastrophe vorbei
■ Großbrand in der Kunststoff-Recyclinganlage Großefehn / Erste Analysen: kein Dioxin freigesetzt
Donnerstag früh um vier Uhr entdeckten die beiden Schichtarbeiter der Abfallentsorgungsfirma R + J Beekmann in Großefehn (Ostfriesland), daß in einer der vier Produktionshallen ein Feuer ausgebrochen war. In dieser Halle werden Plastikabfälle aus Haushaltsmüll recycelt. Glücklicherweise blieb der Brand auf diese eine Halle beschränkt. In einer Nebenhalle werden Fußbodenbeläge aus PVC aufgearbeitet. Bei deren Verbrennung wäre die Entstehung des hochgiftigen Dioxins sehr wahrscheinlich gewesen.
Aufgrund des hohen Risikos der Giftgas-Entwicklung bei Kunststoffbränden wurde die Bevölkerung dennoch über Rundfunk aufgefordert, Fenster und Türen geschlossen zu halten. Auch der Unterricht im Schulzentrum Großefehn wurde abgesagt. Von der brennenden Halle aus zog eine „schöne, dicke graue Rauchfahne, die sich vom Südwestwind in die Landschaft verbreitet hat“, beschrieb Gerrit Fuhrmann, Pressesprecher des Landkreises Aurich, das morgendliche Szenario.
In einem fünfstündigen Einsatz wurde das Feuer gelöscht. Das gesamte Löschwasser wurde aufgefangen, und so verhindert, daß mögliche Gifte ins Grundwasser gelangen.
Der Diplom-Chemiker der Berufsfeuerwehr Oldenburg Klaus Münster hatte gleich morgens Luftanalysen vorgenommen. Demzufolge bestehe keine Gefahr für die Gesundheit. Genauere Ergebnisse sind aber erst Anfang nächster Woche von der Gesellschaft für Arbeitsplatz und Umweltanalytik aus Münster zu erwarten, die mit der Untersuchung beauftagt sind.
Ein Chemiker der Umweltorganisation Greenpeace hat vergeblich versucht, Proben aus der unmittelbaren Nähe des Brandherdes zu nehmen. Wie ein Greenpeace-Sprecher am Nachmittag in Hamburg mitteilte, wurde dem Experten der Zutritt zum Firmengelände untersagt. Nach Ansicht von Greenpeace legt das Verhalten der Firmenleitung den Schluß nahe, daß „die was zu vertuschen haben“.
Der ausgebrannte Teil der Anlage war erst vor etwa drei Jahren neu gebaut worden. Die Brandschutzmaßnahmen verhinderten das Überspringen des Feuers auf die anderen Hallen, in denen das PVC lagerte. So verbrannte nur der Haushaltskunststoff, der zu einem großen Teil aus Polyethylen besteht. Dies verbrennt zu ungiftigen Bestandteilen. Man geht jedoch davon aus, daß selbst der Haushaltsplastikmüll einen Restanteil von bis zu vier Prozent PVC beinhaltet. Durch die vermutlich sehr hohe Temperatur des Hallenbrandes (bis 2000 Grad) könnte das daraus freigewordene Dioxin zwar verbrannt sein. Theoretisch besteht dennoch Gefahr: „Dioxine sind wirklich auch in ganz kleinen Mengen, also im Nannobereich, gefährlich“, erklärt Wilhelm Wollborn vom Sachgebiet Gefahrgut der bremischen Feuerwehr. Vivianne Agena/dpa
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