piwik no script img

Bremer DVU-Fraktion aufgelöst

■ P. Nennstiel aus Partei und Fraktion zurückgetreten / Vier Abgeordnete sind keine Fraktion

Die DVU-Bürgerschaftsfraktion existiert nicht mehr. Am Donnerstag abend verkündete der DVU-Abgeordnete Peter Nennstiel seinen Rücktritt aus Partei und Fraktion, ein gleichlautender Brief ging gestern Morgen beim Präsidenten der Bremer Bürgerschaft ein.

Sein Bürgerschaftsmandat will Nennstiel behalten. Deshalb kann die DVU-Fraktion keinen Nachrücker bestellen. Übrig bleiben jetzt von ehemals sechs Abgeordneten noch vier DVUler, die jedoch keinen Fraktionsstatus mehr

Karikatur

haben. Laut Geschäftsordnung der Bürgerschaft bilden die vier jetzt eine Gruppe. Bereits am 18. Oktober 1991 war der damalige DVU-Abgeordnete Hans Altermann aus Fraktion und Partei ausgetreten und ist seitdem parteiloser Bremer Bürgerschaftsabgeordneter.

Jetzt müssen die DVUler eine Menge parlamentarischer Vorteile abgeben. Erstens werden die Fraktionszuschüsse von monatlich ca. 55.000 Mark nicht mehr ausbezahlt. Zweitens wird kein Fraktionsgeschäftsführer (bislang Sven Eggers) mehr finanziert. Außerdem darf die neue Gruppe keine Kleinen oder Großen Anfragen in der Bürgerschaft einrei

chen. Ebenfalls futsch ist mit der parlamentarischen Degradation der Anspruch auf einen Sprecherposten in den Deputationen. Damit hat die DVU die Auseinandersetzung um die Nachfolge von Karl-Heinz Vorsatz als Sprecher der Kulturdeputation verloren. In der Oktobersitzung der Kulturdeputation war der DVU-Abgeordnete Hans-Otto Weidenbach als Nachfolger durchgefallen und wollte seinen Anspruch auf den Posten notfalls einklagen.

Mögliche Konsequenzen:

Verlust von Deputations- und Ausschußsitzen

Der Verlust des Fraktionsstatus hat möglicherweise noch weitere Konsequenzen. Wenn eine Fraktion einen entsprechenden Antrag in der Bürgerschaft stellt, können bestimmte DVU-Deputations- und Ausschußmitglieder wieder aus den Gremien herausgewählt werden.

Im Bremer Deputationsgesetz heißt es dazu, daß die Deputationen „in der Regel nach der Stärke der Fraktionen“ zusammengesetzt sein sollen. Für den Fall, der jetzt eingetreten ist, gibt es keine gesetzliche Regelung. „Die Fraktionen müssen sich darüber unterhalten, was sie machen sollen“, erklärte der grüne Fraktionsgeschäftsführer Reiner Oellerich. Seiner Einschätzung nach können die DVU-Abgeordneten aber nicht alle aus den Deputationen gewählt werden. „Eine Beteiligungsmöglichkeit wird ihnen gesetzlich zustehen“, erklärte Oellerich gegenüber der taz.

Peter Nennstiel erklärte, daß er mit dem ehemaligen DVU- Mitglied und jetzt parteilosen Hans Altermann eine parlamentarische Gruppe bilden wolle. Nach Angaben des Direktors der Bürgerschaft, Rolf Lindhorn, hat eine parlamentarische Gruppe Anspruch auf 6.200 Mark „Gruppengeld“ pro Person, das sind je 1 Prozent der Gesamtmittel für die Fraktionen. Dieses Geld stünde auch den vier DVU-Abgeordneten in Zukunft zu.

Aus DVU-Kreisen war gestern keine Stellungnahme zu erhalten. Im Bremerhavener Fraktionsbüro war niemand zu erreichen, aus der Parteizentrale in München gab es bis Redaktionsschluß keine Stellungnahme.

Markus Daschner

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen