: „Ich habe erlebt, daß die Partei recht hat“
■ Gesichter der Großstadt: Der Kommunist Klaus Feske kämpfte für die „Befreiung“ Erich Honeckers
Was ist das für ein Mann, der in den letzten Monaten als Sprecher des „Solidaritätskomitees für Erich Honecker und alle verfolgten Kommunistinnen und Kommunisten in Deutschland“ von sich reden machte? Die naheliegende Vermutung, daß Honeckers „Sprachrohr“ nur ein „Ossi“ sein kann, erweist sich als falsch. Klaus Feske ist Westberliner.
Feske ist ein untersetzter 58jähriger Mann mit graublauen Augen, der – auch wenn er gerne über sich und sein Leben spricht – seine Person nicht in den Vordergrund stellen will. Wenn er es aber trotzdem tut, dann nur, so betont er immer wieder, „der Sache wegen“, der er „sein ganzes Leben lang treubleiben wird“: „dem Kampf gegen die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen“. Im Dunst unzähliger Zigaretten, von denen er fast den Filter mitraucht, schwelgt er in der Vergangenheit
Feskes Leben – „ich war, bin und bleibe Kommunist“ – ist ein Spiegel der politischen Auseinandersetzungen der Nachkriegszeit. Über 30 Jahre lang war der einstige Maurerlehrling – bis zu deren Selbstauflösung – hauptamtlicher Funktionär der SEW, dem Westberliner Ableger der SED. Heute arbeitet Feske als Fahrer bei der Bahn und ist Mitglied der PDS.
1950 erhielt er eine dreimonatige politische „Schnellbesohlung“ auf einer Pionierleiter-Schule. 1951 war der damalige FDJler Feske an der Vorbereitung der Weltfestspiele in Berlin beteiligt. Beim Plakatekleben im Wedding bekam er es zum ersten Mal in seinem Leben mit der Polizei zu tun. Er wurde verhaftet und hatte danach „keine Zweifel mehr an der Theorie des Klassenkampfes“. Er machte aber nicht nur Bekanntschaft mit dem Polizeiapparat. Auf einem Empfang anläßlich des Staatsbesuchs des polnischen Präsidenten lernte er den damaligen Präsidenten der DDR, Wilhelm Pieck, und den Aktivisten Adolf Hennecke kennen. Noch heute erzählt Feske mit Stolz, daß er mit Hennecke an einem Tisch gesessen hat. Bei dem Empfang traf er zum ersten Mal auch persönlich den Mann, für dessen Freilassung er mehr als vierzig Jahre später das Solidaritätskomitee gründete: Erich Honecker.
Ziel seines Kampfes in den 50er Jahren waren Neonazis und Faschisten und deren Literatur (Landserhefte) und Filme wie „Rommel der Wüstenfuchs“. Wenn heutzutage Büros angezündet werden, um die Aufführung von Filmen über Skins zu verhindern, setzten Leute wie Feske damals Juckpulver, weiße Mäuse und mit Tinte gefüllte Eier erfolgreich ein. Noch heute erfüllt es ihn mit Befriedigung, wenn feindliche Veranstaltungen erfolgreich gestört oder verhindert werden konnten.
Feske war überall dabei, wo „man in Dialog treten konnte“: bei Demos gegen die Europäische Verteidigungsgemeinschaft, die Notstandsgesetze, den Vietnamkrieg; in der Bewegung gegen den Koreakrieg, der Antiatombewegung, bei der Organisation der 1.-Mai-Demos, beim Kampf gegen das Werben der Bundeswehr in Berlin. Als er 1956 erfuhr, daß ein Spandauer Jugendlicher geworben werden sollte, schrieb er dessen Mutter ein Telegramm, in dem er sie überzeugen wollte, daß „es für uns alle und für den Jungen besser wäre, ihn nicht zur Nato-Armee zu lassen“. Kurz darauf folgten Hausdurchsuchung und Festnahme sowie ein Prozeß wegen Verfassungs- und Landesverrat und Wehrkraftzersetzung – der mit Freispruch endete. Seine Frau Hannelore, auch ehemaliges SEW-Mitglied, hat aufgrund der hauptamtlichen SEW-Tätigkeit ihres Mannes seit 1976 als Lehrerin Berufsverbot.
Seinem „Freund und Kampfgefährten“ Honecker begegnete Feske zumeist auf SED-Parteitagen, zuletzt 1989. Das nächste Wiedersehen fand drei Jahre später hinter Moabiter Gittern statt. Die Freilassung Honeckers sieht Feske als Bestätigung seiner Politik der vergangenen Jahre. Seit Honeckers Freilassung erhält er fast täglich Morddrohungen, von denen er sich wenig einschüchtern läßt. Feske, der „erlebt hat, daß die Partei recht hat“, bedauert lediglich, daß er sich mit den Anrufern nicht auseinandersetzen kann. In seiner Überzeugung ist er unbeirrbar: „Wenn uns die Bourgeoisie jetzt in die Knie zwingt, hat sie gewonnen.“ Barbara Bollwahn
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