■ Standbild: Bürger King: Palastgeflüster, Freitag, 19 Uhr, Sat.1
Palastgeflüster, Freitag,
19 Uhr, Sat.1
Im 53. Jahre ihres irdischen Waltens hat der Herr die hochwohlgeborene Ira aus dem Geschlechte derer von Fürstenberg noch zum Fernsehstar berufen. Ausgerechnet der Plebs-Sender Sat.1 legte ihrer Eminenz den roten Teppich aus, damit sie die Filmbeiträge der Sendung „Palastgeflüster“ mit ihrem Dekolleté und wohlgesetzten Worten aristokratisch umrahme. Na ja, mit den Worten ist das noch so eine Sache. Sechs Sprachen spricht die Prinzessin angeblich perfekt, Deutsch gehört hörbar nicht dazu.
In schnellem Wechsel zieht sie die Augen zu kleinen schmalen Schlitzen zusammen oder jagt die Brauen hoch zum Haaransatz. Derweil tosen die Erinnerungen: „Heute möchte ich Ihnen von einem Mann erzählen, den ich in meiner Jugend gut gekannt habe: den belgischen König Baudouin. Wir haben uns bei verschiedenen Familienfeiern getroffen. Baudouin war sehr nett, sehr schüchtern, sehr distanziert – und er war wahnsinnig jung. Als ich dann erfuhr, daß er König geworden ist, dachte ich mir: Mein Gott, König? Dabei ist er fast noch ein Kind.“ Als Baudouin den Thron bestieg, war Ira erst elf. Aber unverkennbar schon sehr reif für ihr Alter.
Zum Glück haben die Produzenten erkannt, daß dieses saumselige Geschwätz nicht abendfüllend ist und der hochadeligen Märchentante nur eine Statistenrolle gegönnt. In den Filmblöcken wird der Werdegang des Monarchen anhand von Archivmaterial nacherzählt.
Anders als der Titel der Sendung vermuten ließe, geht es nicht um Händel und Getändel bei Hofe. Es gibt keine Indiskretionen oder Skandälchen, sondern Unterricht in belgischer Geschichte und Politik, unspektakuläre Beschreibungen des königlichen Alltags und kulturelle Einsprengsel: auch Adamo, die Beatles, Clint Eastwood und Nurejew haben Platz zwischen dem Auftrieb der Blaublüter.
Versprochen waren seitens Sat.1 „Einblicke in das Leben der gekrönten Häuser Europas, wie sie kaum einer kennt. Worüber sie weinen, worüber sie lachen – ihre Probleme und Erfolge.“ Ein klarer Fall von Etikettenschwindel: In den ganzen dreißig Minuten war nicht ein gekröntes Haus zu sehen, lachende und weinende schon gar nicht. Statt dessen ein biederer Adelsstreifen in solider Kreisbildstellenästhetik. Herr Dittmeyer
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