: Angriff der Buchhalter aufs Paradies
■ Rechnungshof und Bürgerschaft kritisieren Hamburger Oper / Drastische Preiserhöhungen noch dieses Jahr
/Drastische Preiserhöhungen noch dieses Jahr
Die Hamburg Oper gerät zunehmend unter finanziellen Rechtfertigungsdruck. Von zwei Seiten wird sie momentan in die Zange genommen, so daß Intendant Peter Ruzicka, wie er am Montag vor Journalisten sagte, aus einer „Alarmstimmung“ heraus jene drastische Preiserhöhung für den 3. und 4. Rang verfügt hat (taz berichtete), über die sich Publikum und Kulturbehörde seit Freitag gleichermaßen erregen. Zum einen mahnt der Hamburger Rechnungshof die angeblich zu geringe Auslastung der Philharmonie an. Insbesondere der verstärkte Einsatz der Sinfoniker in der Oper war ihnen ein Dorn im Auge. Diese Vorwürfe versuchte Generalmusikdirektor Gerd Albrecht aus Sicht künstlerischer Belange und mit dem Hinweis auf die intensive Jugend- und Medienarbeit des Orchesters zu entkräften. Allerdings hat die Oper bis zur endgültigen Veröffentlichung des vorher publik gewordenen Berichtes im März die Möglichkeit, ihren Standpunkt plausibel zu machen.
Zum anderen aber, und das ist wohl der eigentliche Grund für die provokante Preiserhöhung bei den billigen Plätzen, hat der Haushaltsausschuß den Senat aufgefordert, bei der Oper die Möglichkeiten der Kostendämpfung zu untersuchen. Gefordert werden von der Bürgerschaft Maßnahmen, die die paradiesischen Zustände an Hamburgs hochsubventioniertesten Staatstheater (81 Millionen Mark) wohl beenden werden: „Wesentliche Veränderung“ im Preisniveau (speziell Premieren, Abendkasse und 1a-Plätze), Einfrieren der Subventionen, Aufgabe der automatischen Verlustübernahme sowie Anhebung des Einnahmesolls (laut Ruzicka von jetzt 23 auf 60 Prozent).
Daß man in der Opernintendanz diese Forderungen bereits für letzte Worte hält, läßt sich nicht zuletzt daraus ersehen, daß Ruzicka etwaige Folgen aus einem, noch längst nicht beschlossenen Einfrieren der Subventionen für '94 bereits jetzt antizipiert. So rechtfertigte er die panikartigen Preiserhöhungen am Montag morgen damit, daß man bereits in dieser Spielzeit die Tarifsteigerungen selbst erwirtschaften müsse, was nur im Fall eines Nullwachstums im Opernetat für 1994 Tatsache wäre.
Unumgänglich scheinen aber Preiserhöhungen, wahrscheinlich schon in diesem Jahr, die „in ihrer Dramatik alles in den Schatten stellen werden, was man davon erwartet“, so Ruzicka. Allerdings werde man sich, anders als die einseitige Erhöhung der billigen Karten erwarten läßt, für das „treue Publikum im 3. und 4. Rang“ einsetzen und versuchen, eine lineare Erhöhung durchzusetzen. In einer Auf-
1sichtsratssitzung am 11. Februar soll die Preiserhöhung beschlossen werden.
Die jetzt in einsamer Entscheidung von Ruzicka erfolgte Erhöhung wird auf Intervention von Kultursenatorin Christina Weiss für die beiden weiteren A-Premieren
1der Saison zurückgenommen, da, so die Senatorin, Preiserhöhungen „nicht ausgerechnet die finanziell schwächsten Opernfans“ treffen dürften.
Auch eine pathetische Rücktrittsdrohung des Operngespanns Albrecht/Ruzicka war für den Fall
1zu vernehmen, daß die Forderungen der Bürgerschaft zu Eingriffen in den künstlerischen Etat führen. Dann, so Albrecht, „würden wir nicht bleiben wollen.“ Daß diese Drohung die Streicher im Haushaltsausschuß schreckt, darf bezweifelt werden. Till Briegleb
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