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■ Ab 1994: NDR 5, ein wortkarges Jugendradio vom NDR
Hamburg (taz) – Lauschangriff auf Norddeutschlands Teenager- Ohren. Spätestens im Januar 1994 will der NDR mit einem fünften Hörfunkprogramm auf den Sender gehen. Zielgruppe: Jugendliche zwischen 14 und 20 Jahren. Motto : Schnell, dynamisch, wortkarg. Ein öffentlich-rechtliches Privatradio?
NDR-Intendant Jobst Plog und Hörfunkchef Gernot Romann mühten sich dann in der vergangenen Woche auch redlich, dem NDR-Programmausschuß ihren Jugendsender schmackhaft zu machen. Vor allem im Informationsbereich werde sich NDR5 von den privaten norddeutschen Anbietern unterscheiden. Kurz und trotzdem kompetent. Bei aller „positiven Grundstimmung“, die die Moderatoren verbreiten sollen, werde NDR5 auch in der Lage sein, ernsthafte Themen anzugehen.
Unterschiede zur Kommerz- Konkurrenz auch beim geplanten Musikprogramm des Jugendradios: keine „reine Hitabspielstation“, statt dessen „ein spezielles Musiklayout“, in dem auch „Varianten aus den Bereichen „House, HipHop, New-Beat, Ethno-Pop, Techno und Avantgarde zum Einsatz kommen“. Und: „Besonderes Augenmerk wird den Independent Labels geschenkt.“
Kaum zu glauben, daß die eher gesetzten Mitglieder des Programmausschusses letzteres so richtig zu würdigen wußten. Dennoch waren sie vom Werbespot des Duos Plog/Romann begeistert. Einstimmig billigte der Ausschuß das NDR5-Konzept – womit ein Veto des NDR-Rundfunkrats im Februar nun unwahrscheinlich ist.
Sorgen bereiten den NDR- Chefs schon eher die Frequenzen. In weiten Teilen Niedersachsens und Schleswig-Holsteins wird NDR5 zunächst nur über Kabel oder Satellit zu empfangen sein. In Mecklenburg-Vorpommern muß wohl die ostidentitätsstiftende „Ferienwelle“ dem Jugendradio weichen, um den nötigen Platz im Äther freizumachen. Eine Konzession, die sich die Schweriner NDR- Gremien — ohnehin nicht besonders gut auf die Zentrale zu sprechen — nur im Tausch gegen ein „Regionalfenster“ für Mecklenburg abtrotzen ließen, das täglich zwischen 18 und 19 Uhr gesendet werden soll.
Die West-Kids müssen auf „Fenster“ verzichten und sich mit stündlichen Nachrichtentelegrammen, die in eineinhalb Minuten verlesen werden sollen, begnügen. Dazu morgens, mittags, abends vierminütige „News-Shows“,sowie, fein säuberlich über den Tag verteilt, zirka acht Dreiminutenbeiträge zu jugendspezifischen Themen.
Gesendet werden soll das fünfte Programm aus Hamburg, aber nicht aus dem schon etwas angestaubten Funkhaus an der Rothenbaumchaussee, sondern aus noch anzumietenden Räumen in der Hamburger City. Klein, vermutlich piekfein und irgendwie dann doch recht privat. Ein Wort, das auf NDR-Deutsch inzwischen allerdings mit „Verzicht auf öffentlich-rechtlichen Bürokratismus“ übersetzt wird. uex
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